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Beiträge zur Theorie  










Andi Waibel

Von der Philosophie zur Politik

Eines der beliebtesten Vorurteile ueber den Marxismus ist die Ansicht, dass Marx eine Art Heilslehre erfunden habe, wie sie alle paar Jahrhunderte von irgendeinem Propheten verkuendet wird. Dieses Vorurteil wurde und wird genaehrt von der fast schon religioesen Marx-Verehrung der Stalinisten, die ihn als unfehlbares Genie hinstellen, der die Welterklaerung gefunden habe.

Hegel

Marx selbst sah seine Leistung eher bescheiden in der Entdeckung einiger neuer Prinzipien und Engels betonte, dass die Lehre der beiden, von ihnen "wissenschaftlicher Sozialismus" genannt, ohne den "Vorausgang der deutschen Philosophie, namentlich Hegels" nie zustandegekommen waere (1). Was war nun das besondere an dieser Philosophie des Georg Wilhelm Friedrich Hegel, der von 1770-1831 lebte und in Berlin als staatlicher besoldeter Professor die damalige Elite des preussischen Staates unterrichtete? Hegel bringt einen neuen Gedanken in die Philosphie, der uns heute fast selbstverstaendlich erscheint:

"Was wir geschichtlich sind, der Besitz, der uns, der jetzigen Welt angehoert, ist nicht unmittelbar entstanden und nur aus der Gegenwart gewachsen, sondern dieser Besitz ist die Erbschaft und das Resultat der Arbeit, und zwar der Arbeit aller vorhergehenden Generationen des Menschengeschlechts."(2)

Dass diese Erkenntnis der historischen Entwicklung menschlichen Denkens keineswegs unumstritten war und ist, sieht man z.B. in den etwa zur gleichen Zeit niedergeschriebenen Gedanken Schopenhauers:

"Das Werk des Philosophen hingegen will seine ganze Denkungsart umwaelzen, verlangt von ihm, dass er alles, was er bisher in dieser Gattung gelernt und geglaubt hat, fuer Irrtum, die Zeit und die Muehe fuer verloren erklaere und von vorne anfange ..."(3)

Fuer Schopenhauer ist die Philosophie ein Kampfplatz grosser Genies, die "selten geboren werden" und alles vorherige ausradieren (Dies ist freilich hoechst unlogisch, weil selbst wenn alle vorherigen Philosophien Sackgassen gewesen waeren, haette allein durch das Auspropieren dieser Sackgassen eine Entwicklung stattgefunden, da man nun um die Erkenntnis reicher ist, wie diese Sackgassen zu vermeiden sind).

Dialektik

Die Ueberlegenheit und Kraft der Hegelschen Philosophie zeigt sich freilich nicht nur in solchen grundsaetzlichen damals neuen Erkenntnissen. Hegels groesste Leistung liegt in der Entwicklung seiner Dialektik, die er in seinem Buch "Wissenschaft der Logik" systematisch darstellte. In diesem Buch, das leider zu den am schwierigsten zu lesenden Werken der Philosophie gehoert, versucht Hegel eine "Verallgemeinerung der Geschichte des Denkens" Lenin (4). Er unterscheidet zwischen der aeusseren Erscheinung einer Sache (dem SEIN), dem dahintersteckenden WESEN und dem Begreifen (BEGRIFF) als dem Weg, um das WESEN hinter dem SEIN zu erkennen.

"Dialektik ist die Lehre, wie die Gegensaetze identisch sein koennen und es sind (wie sie es werden) - unter welchen Bedingungen sie identisch sind, indem sie sich ineinander verwandeln -, warum der menschliche Verstand diese Gegensaetze nicht als tote, erstarrte, sondern als lebendige, bedingte, bewegliche, sich ineinander verwandelnde auffassen soll." Lenin (5)

Hegel untersuchte die Art und Weise wie sich Entwicklungsprozesse vollziehen, wie es kommt, dass aus bescheidenen Anfaengen komplexe hochentwickelte Systeme wie die moderne Gesellschaft entstehen. Dabei sieht er die inneren Widersprueche, die in allen Dingen vorhanden sind, als den Trieb der Veraenderung und Hoeherentwicklung hervorbringt. Diese geschieht allerdings nicht in einem gleichmaessigen Prozess, sondern indem sich Dinge von Zeit zu Zeit in etwas qualitativ Anderes verwandeln, das sich wiederum durch erneute Bildung von Widersprueche weiterentwickelt ("Negation der Negation").

Was die menschliche Gesellschaft betrifft, so sieht er darin die Hoeherentwicklung des Geistes, der nach Antworten sucht ueber seine eigene Natur. Der einzelne Mensch verfolge zwar immer sein eigenes Interesse, aber dadurch bringe er oft ungewollt und unbewusst die Entwicklung der ganzen Gesellschaft voran:

"Jener Zusammenhang enthaelt naemlich dies, dass in der Weltgeschichte durch die Handlungen der Menschen noch etwas anderes ueberhaupt herauskomme, als sie bezwecken und erreichen, als sie unmittelbar wissen und wollen. Sie vollbringen ihr Interesse aber es wird noch ein Ferneres damit zustande gebracht, das auch innerlich darin liegt, aber das nicht in ihrem Bewusstsein, ihrer Absicht lag." (6)

Die Menschen, die also zunaechst ganz egoistisch nach Glueck, Geld, Macht oder was auch immer streben, bewirken also, ohne dass sie das eigentlich beabsichtigen, gleichzeitig einen Fortschritt. Eine solche These ist an sich noch nicht besonders kritisch. Bis heute wird ja z.B. von den Anhaengern der "Sozialen Marktwirtschaft" behauptet, dass der Eigennutz des einzelnen durch die Marktkraefte das Beste fuer alle bewirken wuerde. Dennoch erschien den meisten buergerlichen Philosophen nach Hegel (von Schopenhauer bis Popper) allein der Anspruch Hegels auf Entwicklung und historischen Fortschritt fuer die ganze Menschheit zu gefaehrlich, so dass sie ihn als "Historizismus" verdammten und ganz oder teilweise aufgaben.

Die Linkshegelianer

Man kann die Faszination die die Philosophie Hegels auf junge Studenten aus buergerlichem Haus dieser Zeit ausuebte, gut verstehen. Schliesslich wurde hier der Geist, die Vernunft als das hoechste erklaert, was dem Selbstbewusstsein der jungen Moechtegernphilosophen in einer von Adelsvorrechten und Standesdenken gepraegten Gesellschaft sehr entgegenkam. Eine Betrachtungsweise, die in Arbeit immer nur geistige Arbeit sah, fiel natuerlich bei Leuten, die tatsaechlich ausschliesslich geistig arbeiteten, auf fruchtbaren Boden. So wurden auch der junge Karl Marx (geboren 1818) und der junge Friedrich Engels (geboren 1820) schnell gluehende Anhaenger Hegels. Freilich brachte die haessliche Realitaet des preussischen Staates die Traeume von der Herrschaft der reinen Idee schnell zum Platzen. Polizeistaat, Pressezensur, Berufsverbot fuer kritische Professoren, feudale Ueberreste zeigten den Schuelern Hegels nur allzu deutlich, dass der preussische Staat keineswegs die Verwirklichung der Hegelschen "Idee der Sittlichkeit" war. Der bessere Teil von ihnen, die sogenannten Linkshegelianer reagierte darauf, indem er die bestehenden Zustaende einer radikalen literarischen Kritik unterzog. Diese Kritik blieb freilich in der Tradition Hegels vor allem eine Kritik des falschen Denkens. Die herrschende Ideologie des preussischen Staats war aber die christliche Religion, so dass es nicht verwundert, dass diese zur ersten Zielscheibe vernichtender Kritik wurde. Der Philosoph David Friedrich Strauss zeigte mit kalter Logik in seinem Buch "Das Leben Jesu - kritisch bearbeitet" die Widersprueche innerhalb der Bibel auf. Der offene Atheismus, der nun von den jungen Philosophen zur Schau getragen, stellte in einer Zeit, in der es fast undenkbar war kein Christ zu sein, eine scharfe Provokation der herrschenden Ordnung dar. Der radikalste Vertreter dieses neuen Atheismus war der Hegel Schueler Ludwig Feuerbach.

Feuerbach

Ist bei Hegel der Mensch noch ein rein geistiges Wesen, dessen gesellschaftliche und historische Entwicklung eine Geschichte der Ideen ist, so gibt Feuerbach diesen Hegelschen Grundsatz auf und erklaert die Menschen (mehrere Jahrzehnte vor Darwin) zu einer Gattung, deren Gattungsfunktion das Denken und Sprechen ist, so wie auch die Tiere ihre jeweiligen besonderen Faehigkeiten haben. Damit wird die Religion zum indirekten Selbstbewusstsein der Gattung Mensch:

"Kein Wesen kann also in seine Gefuehlen, Vorstellungen, Gedanken seine Natur verleugnen. Was es auch setzt, es setzt immer sich selbst. Jedes Wesen hat seinen Gott, sein hoechstes Wesen, in sich selbst. Preisest du die Herrlichkeit Gottes, so preisest du die Herrlichkeit des eigenen Wesens." (7)

Im Gegensatz zu den heutigen buergerlichen Verhaltensforschern, die meist die biologische Natur des Menschen zur Rechtfertigung von Unterdrueckung, Gewalt und Ungerechtigkeit benutzen, ist Feuerbach jedoch dem Humanismus, dem Streben nach einer Vervollkommnung des Menschen verbunden. Daher muss er die Natur des Menschen vorwiegend in einem positiven Licht schildern:

"Aber was ist denn das Wesen des Menschen, dessen er sich bewusst ist, oder was konstituiert die Gattung, die eigentliche Menschheit im Menschen? Die Vernunft, der Wille, das Herz. Zu einem vollkommenen Menschen gehoert die Kraft des Denkens, die Kraft des Willens, die Kraft des Herzens. Die Kraft des Denkens ist das Licht der Erkenntnis, die Kraft des Willens die Energie des Charakters, die Kraft des Herzens die Liebe." (7)

Freilich empfindet er auch den "Schmerz", dass "das nicht in der Wirklichkeit ist, was in der Vorstellung ist" und sieht die Aufgabe der Philosophie daher darin zur "Einheit des Menschen mit dem Menschen" zu erziehen.

Die Lehre Hegels, der die Geschichte als geistige Entwicklung sieht, schlaegt also bei seinem Schueler Feuerbach ins Gegenteil um und der Mensch wird nun als Naturwesen gesehen. Eine solche Anschauung, die nicht-materielle Dinge wie Geist, Denken, Bewusstsein auf materielle Dinge (Natur, Biologie, Umwelt) zurueckfuehrt, nennen wir Materialismus im Unterschied zum Idealismus Hegels (beide Begriffe werden also philosophisch ganz anderes gebraucht als in der Umgangssprache). Materialistische Philosophen gab es auch schon vor Feuerbach, allerdings war Feuerbach der erste der konsequent in seinem System keinen Platz mehr fuer Gott oder irgendeine Art von hoeherem Wesen liess. An seine Stelle trat nun die Liebe als moralische Forderung.

Vom Atheismus zum Kommunismus

Marx und Engels waren zunaechst begeisterte Anhaenger Feuerbachs. Bald erkannten sie jedoch, dass Feuerbach, der Urvater aller buergerlichen Weltverbesserer und Moralprediger, in seinem Materialismus selbst inkonsequent bleibt:

"Die materialistische Lehre von der Veraenderung der Umstaende und der Erziehung vergisst, dass die Umstaende von den Menschen veraendert und der Erzieher selbst erzogen werden muss. Sie muss daher die Gesellschaft in zwei Teile - von denen der eine ueber ihn erhaben ist - sondieren." (8)

Ein Materialismus der die vorgefundene Welt nur beschreibt, bleibt laut Marx unfruchtbar. Erst durch die "praktisch kritische Taetigkeit" er-FASST der Mensch die Welt. In Bezug auf die Gesellschaft heisst das, dass eine Theorie ueber die Natur des Menschen nur dann konsequent materialistisch ist, wenn sie in eine gesellschaftsveraendernde Praxis muendet.

Mit dieser Philosophie gerieten Marx und Engels bald in Gegensatz zu den uebrigen Hegel-Schuelern. Marx erkannte, dass hinter den oft radikalen Phrasen und Provokationen der Junghegelianer ("Schafe, die sich fuer Woelfe halten") ihre Gesellschaftskritik noch im buergerlichen Rahmen blieb. Wenn Sie etwa wie Bruno Bauer einen atheistischen Staat forderten (der auf jede Art von religioeser Legitimation verzichtet und sich ausschliesslich auf den Volkswillen beruft), so hatten sie damit - wie Marx in der Schrift "Zur Judenfrage" ausfuehrt - noch keineswegs die Religion abgeschafft. Um die Religion diesen "Geist geistloser Zustaende" ueberfluessig zu machen, ist naemlich nicht nur die Emanzipation des Menschen als Staatsbuerger, sondern seine vollstaendige Befreiung als Mensch, der sich voll entfalten kann, noetig. Bald begannen Marx und Engels nicht nur die Unterdrueckung im geistigen Bereich, sondern auch die gesellschaftlichen Verhaeltnisse insgesamt einer radikalen Kritik zu unterziehen. Mittel war dabei vor allem die journalistische Enthuellung, die von ihnen in Zeitungen wie der 'Rheinischen Zeitung' praktiziert wurde:

"Man muss den wirklichen Druck noch drueckender machen, indem man ihm das Bewusstsein des Drucks hinzufuegt ... man muss diese versteinerten Verhaeltnisse dadurch zum Tanzen zwingen, indem man ihnen ihre eigene Melodie vorsingt." (9)

Das Proletariat

Je mehr sie gezwungen waren ihre Schriften illegal zu verbreiten, desto mehr erkannten sie freilich die Ohnmacht einer solchen rein literarischen Kritik:

"Die Waffe der Kritik kann allerdings die Kritik der Waffen nicht ersetzen, die materielle Gewalt muss gestuerzt werden durch materielle Gewalt ..."(9)

Marx rief allerdings damit nicht einfach zur Gewalt auf, sondern er war sich dabei bewusst, dass eine Theorie in einem Volk nur dann zu einer "materiellen Gewalt" werden kann, wenn sie die Verwirklichung der Beduerfnisse eines sozialen Standes darstellt. Ein sozialer Stand kann nur dann zur Macht gelangen und seine Interessen verwirklichen, wenn er im Namen der Interessen und des Gluecks der gesamten Gesellschaft handelt, so wie das franzoesiche Buergertum im Namen der allgemeinen Menschenrechte den Feudalismus gestuerzt hatte. Die dazu noetige Radikalitaet und Konsequenz sei aber im Buergertum laengst verloren gegangen. Nur das neu enstehende Industrieproletariat, sei in der Lage, gerade weil es unter unmenschlichen Bedingungen lebt, die allgemeinen Menschenrechte durchzusetzen durch den Sturz der herrschenden Ordnung. Marx wollte also nicht etwa das Proletariat fuer die Verwirklichung seiner Theorien benutzen, sondern er sah seine Theorien als Ausdruck der Interessen einer Klasse, die nichts mehr zu verlieren hat und darum sich nicht mehr mit der Durchsetzung ihrer eigenen unmittelbaren Interessen begnuegen kann, sondern im Namen der Menschheit "alle Verhaeltnisse, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein veraechtliches Wesen ist"(9) umstuerzen muss, um selbst wieder eine menschliche Existenz zu erringen. Die Arbeiterklasse muss also zu ihrer eigenen Befreiung nicht nur die Lohnsklaverei, sondern zugleich auch alle anderen Unterdrueckungsformen, wie die Frauenunterdrueckung, die nationale Unterdrueckung, die religioese Unterdrueckung aufheben. Nur dann handelt sie im Namen der gesamten Menschheit, nur dann kann sie alle Schichten des Volkes mobilisieren.

Der historische Materialismus

Die Tatsache, dass es in der Gesellschaft Klassen gibt, also grosse Menschengruppen, die aufgrund ihrer Stellung in der Wirtschaft unterschiedliche Interessen haben, ist keineswegs eine Entdeckung von Marx. Marx war lediglich der erste, der die aus dem Interessengegensatz entstehenden Klassenkaempfe in einen historischen Zusammenhang stellte und schlussfolgerte, dass sie zur Aufhebung des Klassengegensatzes durch eine sozialistische Revolution fuehren muessten. Wie kam er darauf?

Marx betonte den taetigen Charakter der Menschen, die die Bedingungen, unter denen sie leben, selbst schaffen. Er bildete eine Synthese aus dem Materialismus Feuerbachs und dem Gedanken Hegels, dass die Menschen durch die Verfolgung ihrer Interessen nebenbei den gesellschaftlichen Fortschritt bewirken. Nur dass die Interessen der Menschen nun nicht mehr primaer geistige waren, sondern ganz handfest materielle, daher wirtschaftliche. Denn die Grundlage jeder menschlichen Taetigkeit, jeder Philosphie, jedes Staates ist die Wirtschaft:

"Man kann die Menschen durch das Bewusstsein, durch die Religion, durch, was man sonst will, von den Tieren unterscheiden. Sie selbst fangen an, sich von den Tieren zu unterscheiden, sobald sie anfangen ihre Lebensmittel zu produzieren, ein Schritt, der durch die koerperliche Organisation bedingt ist. Indem die Menschen ihre Lebensmittel produzieren, produzieren sie indirekt ihr materielles Leben selbst."(10)

Die Landwirtschaft, die dazu fuehrte, dass die Menschen mehr produzieren konnten als sie unmittelbar verbrauchten, machte es erstmals moeglich eine Teil der Menschen von der Produktion von Lebensmitteln freizustellen. Mit dieser Arbeitsteilung entstanden verschiedene Klassen, die unterschiedliche Funktionen in der Wirtschaft haben. Diese Arbeitsteilung fuehrte bereits in ihrer fruehesten Form als Arbeitsteilung in der Familie zur Unterdrueckung des Menschen durch den Menschen. Dagegen wehrten sich die Unterdrueckten seit Anbeginn der ueberlieferten Geschichte. Von Zeit zu Zeit entstanden durch den technischen und oekonomischen Fortschritt neue Klassen, die aufstiegen und mit den alten um die Macht kaempften. Diese Kaempfe stellten laut Marx zugleich einen Motor dar, der immer wieder erstarrte gesellschaftliche Verhaeltnisse, die den weiteren Fortschritt hemmten, zerbrach. Insofern ist unsere Geschichte eine Geschichte von Klassenkaempfen. Gleichzeitig betonte Marx, dass die Arbeitsteilung in frueheren Gesellschaftsformation noch notwendig war, weil die Gesellschaft insgesamt zu arm war, um mehr als eine kleine Minderheit von der Arbeit freizustellen, damit sie sich anderen Dingen wie Organisation, Kunst, Wissenschaft, usw. widmen konnte. Mit der Entwicklung der modernen Industrie sei die Gesellschaft jedoch nun so reich geworden, dass es moeglich wird alle Gesellschaftsmitglieder gleichermassen an Politik, Kunst, Kultur, Wissenschaft teilnehmen zu lassen. Deshalb ist das Proletariat die erste unterdrueckte Klasse in der Geschichte, die tatsaechlich die ungleiche Arbeitsteilung und jede Klassenunterdrueckung abschaffen kann und ihre Interessen auch gar nicht anders verwirklichen kann. Dabei geht es nicht um die Herstellung eines paradiesischen Endzustandes, sondern um die Hebung der Menschheit auf eine neue Entwicklungsstufe auf der sie sich weiterentwickeln kann.

"Der Kommunismus ist fuer uns nicht ein Zustand, der hergestellt werden soll, ein Ideal, wonach die Wirklichkeit sich zu richten habe. Wir nennen Kommunismus die wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt. Die Bedingungen der Bewegung ergeben sich aus der jetzt bestehenden Voraussetzung." (10)

Teil II Sozialismus - Von der Utopie zur Wissenschaft in der naechsten Ausgabe

Literaturangaben

(1) Friedrich Engels: Vorbemerkung zur dritten Auflage von 1875 "Der deutsche Bauernkrieg.
(2) Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Einleitung in die Vorlesungen ueber die Geschichte der Philosophie
(3) Arthur Schopenhauer: Paperga und Paralipomena. Kleine philosophische Schriften Zweiter Band
(4) W.I.Lenin Plan der Dialektik (Logik) Hegels in Philosophische Hefte. Generell empfiehlt es sich Lenins Anmerkungen vorher oder parallel zu lesen, wenn man Hegel zumindest ein bisschen verstehen will
(5) W.I.Lenin Konspekt zur 'Wissenschaft der Logik' in Philosophische Hefte
(6) Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen ueber die Philosophie der Weltgeschichte, Die philosophische Weltgeschichte (1830). Engels uebernimmt dieses Zitat etwas umformuliert und wie ueblich ohne Quellenangabe in seiner Schrift: "Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie", um zu erklaeren wie geschichtliche Notwendigkeit mit dem freien Willen der Individuen vereinbar ist.
(7) Ludwig Feuerbach: "Das Wesen des Christentums"
(8) Karl Marx: "Thesen ueber Feuerbach"
(9) Karl Marx: "Vorwort zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie"
(10) Karl Marx: Die Deutsche Ideologie - Feuerbach

Anmerkung A. Waibel:

Der folgende Artikel ist in der Zeitschrift LINKE OPPOSITION Nr. 9 erschienen. Er ist Bestandteil einer Serie zur Einfuehrung in den Marxismus, die in den folgenden Nummern fortgesetzt wird. Die Zeitschrift kann fuer DM 2.- + Porto bestellt werden bei: Norbert Nelte, Xantenerstr.3b, 50733 Koeln, Tel.0221 / 760 41 00

Aus: cl.sozialismus.theorie, 21.06.1994









 

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