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1994-05-09

Inhalt:





Kirchberg - Erklärung der Westeuropäischen Union

Tagung des Ministerrates der WEU am 9. Mai 1994 in Luxemburg

Teil 1

Kommuniqué des Ministerrates der Westeuropäischen UNION

Die Minister widmeten einen erheblichen Teil ihrer Beratun-
gen der Stärkung der Beziehungen zu den neun mitteleuro-
päischen Partnern und der Verabschiedung eines Assoziierten-
status in der WEU, der den Höhepunkt der Initiative darstellt,
die auf der Tagung in Luxemburg im November vergangenen
Jahres zu ihren Gunsten ergriffen wurde.

Zu den weiteren Themen dieser Tagung gehörten der verbes-
serte Status, der den künftigen assoziierten Mitgliedern ange-
boten wird, und die Stärkung der europäischen Sicherheits-
und Verteidigungsidentität sowie der operationellen Fähigkei-
ten der WEU.  Angesichts der politischen und operationellen
Bedeutung der Ergebnisse des Gipfeltreffens des Bündnisses
vom Januar 1994 für die WEU erörterten die Minister die
beträchtlichen Möglichkeiten, die sich hierdurch für den künf-
tigen Ausbau der WEU bieten.  Schließlich erörterten sie die
Entwicklung des Dialogs mit den Mittelmeerstaaten sowie die
Kontakte zu Rußland und der Ukraine.

1.

Im Anschluß an die Beratungen des Ständigen Rates auf der
Grundlage des ihm am 22.  November 1993 in Luxemburg
erteilten Mandats begrüßten die Minister nachdrücklich die
Übereinstimmung, die hinsichtlich des Inhalts und der Modali-
täten eines den Konsultationspartnern angebotenen Assoziier-
tenstatus in der WEU erzielt wurde.  Sie einigten sich auf ein
Dokument zu einem Assoziiertenstatus, das Teil II dieser
Erklärung bildet.

Die WEU ergreift diese bedeutende politische Initiative im
Zusammenhang mit den sich entwickelnden Verbindungen
zwischen diesen Staaten und europäischen Institutionen, ins-
besondere durch die Europa-Abkommen.  Dies wird einen
konkreten Beitrag der WEU zur Vorbereitung dieser Staaten
auf ihre Integration und letztlich ihren Beitritt zur Europäi-
schen Union darstellen und wiederum die Möglichkeit einer
Mitgliedschaft in der WEU eröffnen.  Diese Initiative ergänzt
in vollem Umfang die Zusammenarbeit im Rahmen des
Bündnisses, insbesondere innerhalb des Programms Partner-
schaft für den Frieden, und die Zusammenarbeit im Rahmen
des Stabilitätspakts, wobei diese Prozesse sich gegenseitig
verstärken.

Die Minister waren der Auffassung, daß eine größere Beteili-
gung dieser Staaten an den Aktivitäten der WEU zusammen
mit einer sich hieraus ergebenden engeren Abstimmung in
Sicherheitsfragen in bedeutendem Maße zu größerer Stabilität
in Europa beitragen wird.

In diesem Zusammenhang begrüßten die Minister den positi-
ven Beitrag der Versammlung der WEU zur Stärkung der
europäischen Sicherheit.

2.

In Würdigung des sehr wertvollen Beitrags, den die Republik
Island, das Königreich Norwegen und die Republik Türkei als
künftige assoziierte Mitglieder bereits zu den Aktivitäten der
WEU leisten, vereinbarten die Minister eine Erklärung, die
Teil Ill des vorliegenden Dokuments bildet.  Indem dieses
Maßnahmenpaket es der WEU ermöglicht, die Sachkenntnis
und die Mittel dieser Länder in vollem Umfang zu nutzen,
wird es die Rolle der WEU als Verteidigungskomponente der
Europäischen Union und als Instrument zur Stärkung des
europäischen Pfeilers des Atlantischen Bündnisses festigen.

3.

Anläßlich ihrer ersten Tagung nach dem Gipfeltreffen des
Atlantischen Bündnisses im Januar 1994 begrüßten die Mini-
ster nachdrücklich, daß das Bündnis seine umfassende Unter-
stützung für die Entwicklung einer Europäischen Sicherheits-
und Verteidigungsidentität bekundet hat.  Sie äußerten ihre
Befriedigung darüber, daß die einschlägigen Teile der Luxem-
burger Erklärung vom 22.  November 1993, die als europäi-
scher Beitrag zu dem Gipfeltreffen der Allianz gedacht waren,
gebührend berücksichtigt worden sind.  In diesem Zusammen-
hang würdigten sie die Bedeutung des Beschlusses des Bünd-
nisses zu prüfen, wie es seine Strukturen und Verfahren
weiterentwickeln und anpassen könne.

Sie begrüßten, daß das Gipfeltreffen den Grundsatz bestätigte,
wonach kollektive Ressourcen und Fähigkeiten des Bündnis-
ses für WEU-Operationen zur Verfügung gestellt werden
können, um die WEU als Verteidigungskomponente der Euro-
päischen Union und als Instrument zur Stärkung des europäi-
schen Pfeilers der Allianz zu stärken.  Sie betonten, daß die
Modalitäten, nach denen diese zur Verfügung gestellt werden,
die eigenen Planungsverfahren und -fähigkeiten der WEU
wahren sollten.

Die Minister betonten, wie wichtig die laufenden Arbeiten in
der WEU zu den mit der WEU zusammenhängenden Aspekten
der Anpassung der Strukturen des Atlantischen Bündnisses
sind.  Um die Fähigkeit der WEU auszubauen, die in der
Petersberg-Erklärung definierten Aufgaben zu erfüllen, bestätig-
ten die Minister das Konzept, die zur Durchführung der not-
wendigen militärischen Aufgaben erforderlichen Ressourcen
und Potentiale zu bestimmen.

Die Minister unterstrichen, wie wichtig eine Abstimmung mit
dem Bündnis über die Umsetzung des Konzepts alliierter
Streitkräftekommandos und die Entwicklung trennbarer, je-
doch nicht getrennter militärischer Fähigkeiten ist, um gegebe-
nenfalls ihren effektiven Einsatz durch die WEU und in
diesem Falle unter ihrem Kommando zu gewährleisten.

Die Minister erinnerten an ihr Bekenntnis zur Stärkung der
operationellen Fähigkeiten der WEU und waren sich ferner
darin einig, daß die WEU von einer sorgfältigen Verwaltung
der Ressourcen wie auch von bestehenden standardisierten
Verfahren profitieren würde.

Die Minister ersuchten den Ständigen Rat, die Beratungen
über diese Angelegenheiten so bald wie möglich fortzusetzen,
damit rechtzeitig gemeinsame Positionen in den Konsultations-
prozeß im Bündnis eingebracht werden können.

4.

Die Minister erinnerten daran, daß die WEU in vollem Um-
fang bereit ist, ihre Rolle in Übereinstimmung mit dem Ver-
trag über die Europäische Union sowie der Erklärung von
Maastricht wahrzunehmen und Ersuchen der Europäischen
Union hinsichtlich ihrer Beschlüsse und Maßnahmen, die sich
auf die Verteidigung auswirken, zu entsprechen.  Sie begrüß-
ten, daß jetzt Arbeitsbeziehungen zur Europäischen Union
fortentwickelt werden.  Sie erinnerten ferner daran, daß sie auf
ihrer letzten Tagung die Maßnahmen zur Sicherstellung einer
engen Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und
der WEU unterstützten, die in den Schlußfolgerungen des
Rates "Allgemeine Angelegenheiten" vom 26. Oktober 1993
enthalten sind und am 29. Oktober 1993 vom Europäischen
Rat gebilligt wurden.

In diesem Zusammenhang betonten die Minister die Notwen-
digkeit, die Zusammenarbeit insbesondere bei der Krisenbe-
wältigung zu verbessern, und sahen einer engen Zusammenar-
beit zwischen den beiden Organisationen entgegen, damit im
Krisenfall rasch und wirksam reagiert werden könne. In die-
sem Zusammenhang begrüßten die Minister das Ersuchen der
Europäischen Union, einen Beitrag zur künftigen Verwaltung
Mostars durch die Europäische Union zu leisten, und bestätig-
ten, daß die WEU bereit sei, ihre Unterstützung anzubieten.  
Dies stelle ein vielversprechendes Beispiel für die enge Zu-
sammenarbeit zwischen der WEU und der Europäischen
Union im Sinne des Maastrichter Vertrags dar.

Die Minister begrüßten ferner den erfolgreichen Abschluß der
Verhandlungen über den Beitritt Finnlands, Norwegens,
Österreichs und Schwedens zur Europäischen Union, wobei
sich diese Länder unter anderem verpflichteten, den Besitz-
stand der Gemeinschaft im Bereich der Gemeinsamen Außen-
und Sicherheitspolitik zu übemehmen.  Sie äußerten die Hoff-
nung, daß der Beitritt zum 1. Januar 1995 wirksam werden
könne, und erinnerten daran, daß die WEU im Vorfeld dieses
Beitritts zur Stärkung der Kontakte bereit sei.

5.

Die Minister verwiesen auf die längerfristige Perspektive einer
gemeinsamen Verteidigungspolitik in der Europäischen Union,
die im Laufe der Zeit zu einer gemeinsamen Verteidigung
führen könne, die mit der des Atlantischen Bündnisses verein-
bar ist.  In diesem Sinne beauftragten sie den Ständigen Rat,
die Arbeit an der Formulierung einer gemeinsamen europäi-
schen Verteidigungspolitik mit dem Ziel aufzunehmen, ihnen
auf ihrer nächsten Ministertagung in den Niederlanden vor-
läufige Schlußfolgerungen zu unterbreiten.

6.

Die Minister erinnerten daran, welche Bedeutung sie der
kontinuierlichen operationellen Entwicklung der WEU als
Verteidigungskomponente der Europäischem Union und als
Instrument zur Stärkung des europäischen Pfeilers der Allianz
beimessen.

Die Minister nahmen die Arbeit der Planungszelle zu den der
WEU zugeordneten militärischen Kräften zur Kenntnis und
forderten diese auf, eine Bestandsliste von Truppenpaketen
weiterzuentwickeln, die es der WEU ermöglicht, die ihr über-
tragenen Aufgaben, insbesondere im Bereich humanitäre Ein-
sätze, Friedenserhaltung und Krisenbewältigung, zu erfüllen.  
Sie nahmen ferner den Bericht über die Rolle der WEU bei der
Friedenserhaltung zur Kenntnis.

Die Minister begrüßten nachdrücklich die Verabschiedung
gemeinsamer Erklärungen, in denen die Bedingungen für den
Einsatz der belgisch-deutsch-niederländisch-britischen Multi-
nationalen Division (Mitte) und des amphibischen Verbands
des Vereinigten Königreichs und der Niederlande im Rahmen
der WEU und der diesbezüglichen Vereinbarungen festgelegt
werden.

Die Minister nahmen mit Befriedigung die Entscheidung
Luxemburgs zur Kenntnis, sich dem Eurokorps anzuschließen.

Die Minister billigten den "WEU-Operationsplan Combined
Endeavour" (Gemeinsame Anstrengung) für die Zusammen-
stellung eines WEU-Marineverbands, wie von der Planungs-
zelle vorgeschlagen, und kamen überein, daß diese Initiative in
Übereinstimmung mit dem ursprünglichen Mandat weiterent-
wickelt werden solle.

Des weiteren hofften die Minister auf die Weiterentwicklung
der italienischen Vorschläge, die derzeit mit Frankreich und
Spanien geprüft werden und die einen der WEU zugeordneten
multinationalen Verband von Landstreitkräften vorsehen.
Sie sind zuversichtlich, daß diese Initiativen in beträchtlichem
Umfang zu den europäischen Fähigkeiten zur Krisenbewälti-
gung und zur Entwicklung der Europäischen Sicherheits- und
Verteidigungsidentität beitragen werden.

Die Minister bestätigten das Ziel, die Fähigkeit der WEU,
Satellitenbildmaterial zu Sicherheitszwecken zu verwenden,
weiter auszubauen.  In diesem Zusammenhang beabsichtigen
sie, das WEU-Satellitenzentrum in Torrejon als ständiges
WEU-Gremium zu errichten; sie werden einen Beschluß hier-
über unter Berücksichtigung der Bewertung der vom Zentrum
während der experimentellen Phase geleisteten Arbeit fassen.  
Sie waren sich bewußt, daß im November 1994 geeignete
Beschlüsse gefaßt werden müssen, um die kontinuierliche
Arbeit des Zentrums bis zum Abschluß der Bewertung sicher-
zustellen.

Die Minister bekräftigten ihren Wunsch, ein unabhängiges
europäisches Satellitensystem aufzubauen.  Ein diesbezüg-
licher Beschluß werde unter Berücksichtigung der Kosten und
Nutzen des vorgeschlagenen Systems und anderer WEU-
Alternativen sowie der finanziellen Durchführbarkeit gefaßt
werden.  Zur Vorbereitung eines eventuellen Beschlusses, ein
solches Programm in Angriff zu nehmen, beauftragten die
Minister die Arbeitsgruppe Weltraumfragen, für ihre Minister-
tagung im Frühjahr 1995 einen Vorschlag für einen Beschluß
einschließlich des Entwurfs einer Vereinbarung mit den Ein-
zelheiten zu erarbeiten, die zwischen den derzeitigen WEU-
Mitgliedstaaten zu beschließen wäre.

7.

Die Minister erörterten ferner die jüngste Entwicklung der
Lage im ehemaligen Jugoslawien.

Sie bekundeten ihre Befriedigung über die im Rahmen der
Durchführung der Sanktionen der Vereinten Nationen gegen
Serbien und Montenegro ausgeführte gemeinsame Operation
"SHARP GUARD" der WEU und der NATO in der Adria
sowie die Polizei- und Zolloperationen auf der Donau, die in
enger Zusammenarbeit mit Bulgarien, Rumänien und Ungarn
durchgeführt werden.

Die Minister zeigten sich zufrieden über die ersten Planungen,
die bislang im Hinblick auf einen Beitrag der WEU zur
künftigen Verwaltung Mostars durch die Europäische Union
im Polizeibereich durchgeführt wurden. Sie begrüßten die von
der Vorausdelegation der Europäischen Union erreichten er-
sten Ergebnisse, an der Vertreter der WEU teilgenommen
hatten.  Sie billigten die weitere Beteiligung der WEU durch
hochrangige Polizisten an der Vorausdelegation.

8.

Die Minister erörterten die Entwicklungen in der Mittelmeer-
region und begrüßten insbesondere den vor kurzem erzielten
Durchbruch im Friedensprozeß im Nahen Osten.  Sie unter-
strichen, welche Bedeutung Sicherheit und Stabilität im Mit-
telmeerraum für die Sicherheit Europas haben, und keinen
ferner überein, den mit den Maghreb-Staaten bereits eingelei-
teten Dialog auszubauen und ihn auf Ägypten und allmählich
auf die anderen nicht zur WEU gehörenden Mittelmeerländer
auszudehnen.

9.

Im Zusammenhang mit der wachsenden Rolle der WEU bei
der Förderung von Frieden, Sicherheit und Stabilität in Europa
waren sich die Minister darin einig, wie wichtig die Entwick-
lung des Dialogs und des Informationsaustauschs über Fragen
von gemeinsamem Interesse zwischen der WEU und Rußland
ist.

Die Minister begrüßten die am 14. Januar 1994 veröffentlichte
trilaterale Moskauer Erklärung über die Beseitigung von Kem-
warfen aus der Ukraine als einen wichtigen Beitrag zu Sicher-
heit und Stabilität in Europa. Sie waren sich darin einig, daß
die Erfüllung dieser Verpflichtungen die Grundlage für die
Entwicklung des Dialogs und des Infonnationsaustauschs mit
der Ukraine über Fragen von gemeinsamem Interesse ver-
breitert.

Die Minister wiesen den Ständigen Rat an, geeignete Möglich-
keiten zur Erreichung dieses Zieles zu prüfen.

10.

Die Minister waren sich darin einig, daß die KSZE als das
einzige europäische und transatlantische Forum, das ganz
Europa umfaßt, gestärkt werden muß, um das Entstehen neuer
Teilungen zu vermeiden.  Zu diesem Zweck bekräftigten sie die
Entschlossenheit ihrer Regierungen, die notwendigen Ressour-
cen zur Verfügung zu stellen und sich innerhalb der KSZE
weiterhin für eine vernünftige Arbeitsteilung einzusetzen, wo-
mit das in der Helsinki-Erklärung von 1992 enthaltene Kon-
zept sich gegenseitig verstärkender Institutionen umgesetzt
werden soll.

11.

Die Minister begrüßten die Fortschritte, die bei der Entwick-
lung des Stabilitätspakts in Europa erzielt wurden.  Sie unter-
strichen, welche Bedeutung sie der Eröffnungskonferenz
beimessen, die am 26. und 27.  Mai in Paris stattfinden wird;
sie soll den Weg für bessere, gutnachbarliche Beziehungen in
Europa ebnen.

12.

Die Minister unterstrichen, welche politische Bedeutung dem
Abzug ausländischer Truppen aus den Hoheitsgebieten der
baltischen Staaten für die Stabilität in Europa zukommt, be-
grüßten die jüngsten russisch-lettischen Vereinbarungen und
bekundeten ihre Unterstützung für den baldigen Abschluß der
Gespräche zwischen Rußland und Estland.

Im Anschluß an die Tagung des WEU-Rates trafen die Außen-
und die Verteidigungsminister der Republik Bulgarien, der
Republik Estland, der Republik Lettland, der Republik Litauen,
der Republik Polen, Rumäniens, der Slowakischen Republik,
der Tschechischen Republik und der Republik Ungarn mit den
Außen- und den Verteidigungsministern der WEU am 9. Mai
1994 in Luxemburg zur jährlichen Tagung des WEU-Konsul-
tationsforums zusammen und schlossen sich den einschlägigen
Passagen dieses Kommuniques an.

Die Minister verabschiedeten feierlich das "Dokument über
einen Assoziiertenstatus in der WEU", das Teil II der Kirch-
berg-Erklärung darstellt, und hoben die große Bedeutung
dieser Vereinbarung hervor.

Angesichts der Schaffung dieses neuen Status und unter Hin-
weis darauf, daß das Konsultationsforum sein ursprüngliches
Mandat zur Zufriedenheit seiner Teilnehmer erfüllt hat, be-
schlossen die Minister, seine Tagungen auszusetzen.


Teil II

DOKUMENT ZU EINEM ASSOZIIERTENSTATUS

der Republik Bulgarien, der Republik Estland,
der Republik Lettland, der Republik Litauen,
der Republik Polen, Rumäniens,
der Slowakischen Republik, der Tschechischen Republik
und der Republik Ungarn in der WEU

Der WEU-Ministerrat sowie die Außen- und die Verteidi-
gungsminister der Republik Bulgarien, der Republik Estland,
der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik
Polen, Rumäniens, der Slowakischen Republik, der Tschechi-
schen Republik und der Republik Ungarn kamen am 9. Mai
1994 in Luxemburg zusammen.

Eingedenk

- der Erklärung der Außerordentlichen Tagung des WEU-
Ministerrats und der Staaten Zentraleuropas in Bonn vom
19. Juni 1992 sowie

- des Kommuniques der Tagung des WEU-Konsultations-
forums auf Ministerebene in Rom vom 20. Mai 1993;

e i n g e d e n k insbesondere der Erklärung des WEU-Minister-
rats in Luxemburg vom 22.  November 1993, in welcher

- die Notwendigkeit unterstrichen wurde, sich im Interesse
erhöhter Stabilität in Europa untereinander in Sicherheits-
fragen enger abzustimmen,

- die Auffassung vertreten wurde, daß gerade angesichts des
Inkrafttretens des Vertrags über die Europäische Union
diese Beziehungen parallel zur engeren Zusammenarbeit
dieser Staaten mit der Europäischen Union erweitert und
vertieft werden sollten,

- eine Erörterung eines besseren Status für die Konsultations-
partner eingeleitet wurde, die bereits ein Europa-Abkom-
men mit der Europäischen Union geschlossen haben oder
noch schließen werden, damit es diesen Staaten ermöglicht
wird, in größerem Maße an den Aktivitäten der WEU sowie
an Initiativen und Missionen entsprechend der Petersberg-
Erklärung teilzunehmen;

ferner e i n g e d e n k   der Erklärung des Europäischen Rates in
Kopenhagen vom 22. und 23. Juni 1993, in der die besondere
Eignung der Länder Mittel- und Osteuropas für den Eintritt in
die Europäische Union betont wird, und unter Berücksichti-
gung der sich entwickelnden Verbindungen dieser Staaten zu
den europäischen Institutionen, insbesondere durch die Euro-
pa-Abkommen, sowie der Tatsache, daß es wünschenswert ist,
diese Staaten auf ihre Integration und letztlich ihren Beitritt
zur Europäischen Union vorzubereiten;

i n   d e m   B e w u ß t s e i n, daß die Entwicklung engerer Bezie-
hungen zu den neun mitteleuropäischen Staaten durch einen
verbesserten Status in der WEU und durch eine Zusammenar-
beit im Rahmen der Allianz, insbesondere innerhalb des Pro-
gramms Partnerschaft für den Frieden, eine gegenseitige Stär-
kung bewirken und entscheidend zur Sicherheit und Stabilität
in Europa beitragen wird;

u n t e r   B e t o n u n g   der Tatsache, daß ein solcher verbesserter
Status auf der Grundlage der Stabilität der Institutionen, der
Gewährleistung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der
Achtung der Menschenrechte sowie der Anerkennung und des
Schutzes von Minderheiten zur Sicherheit und Stabilität in
Europa beitragen sollte, und in diesem Zusammenhang erfreut
aber die bevorstehende Konferenz über Stabilität, die in Paris
stattfinden wird;
            
i n   d e r   E r k e n n t n i s, daß die Beziehungen zwischen den
WEU-Mitgliedstaaten und den Konsultationspartnem auf
folgende Kriterien gegründet sind:

- Beilegung von Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln im
Einklang mit den Pflichten aus der Charta der Vereinten
Nationen, den aufgrund der Schlußakte von Helsinki und
der Charta von Paris übernommenen Verpflichtungen und
den allgemein anerkannten Grundsätzen und Regeln des
Völkerrechts,

- Verzicht auf die Androhung oder Anwendung von Gewalt in
Übereinstimmung mit der Charta der Vereinten Nationen -

haben der WEU-Ministerrat sowie die Außen- und die Vertei-
digungsminister Bulgariens, Estlands, Lettlands, Litauens,
Polens, Rumäniens, der Slowakei, der Tschechischen Repu-
blik und Ungarns diesen Status vereinbart, durch den die
Republik Bulgarien, die Republik Estland, die Republik Lett-
land, die Republik Litauen, die Republik Polen, Rumänien, die
Slowakische Republik, die Tschechische Republik und die
Republik Ungarn assoziierte Partner der WEU werden; dieser
Status schließt die folgenden Gesichtspunkte ein:

Dieser Status zieht keine Änderungen des geänderten Brüsseler
Vertrags nach sich.

1 .

Sie können vorbehaltlich folgender Bestimmungen an den
Tagungen des Rates teilnehmen:

- Sie können an den Gesprächen teilnehmen, können aber
nicht einen Beschluß blockieren, für den ein Konsens unter
den Mitgliedstaaten erforderlich ist;

- damit die WEU ihre Rolle als Verteidigungskomponente
der Europäischen Union und als Instrument zur Stärkung
des europäischen Pfeilers der Atlantischen Allianz umfas-
send erfüllen und jede andere Frage in geeigneter Form
aufgreifen kann, werden Tagungen des Rates im Einklang
mit den bestehenden Regelungen auf der Grundlage der
Bestimmungen einberufen, die im Dokument zur assoziier-
ten Mitgliedschaft in der WEU und in der Erklärung zu
WEU-Beobachtern am 20. November 1992 in Rom ver-
einbart wurden.

Sie werden auf den Ratstagungen regelmäßig über die Aktivi-
täten der Arbeitsgruppen des Rates unterrichtet und können im
Einzelfall eingeladen werden, an den Arbeitsgruppen teilzu-
nehmen.

Sie können durch eine Liaison-Beziehung in die Arbeit der
Planungszelle einbezogen werden.

2.

Sie können sich den von den Mitgliedstaaten gefaßten Be-
schlüssen bezüglich der folgenden in Abschnitt II Nummer 4
der Petersberg-Erklärung vorgesehenen Aufgaben, d. h. "hu-
manitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, friedenserhaltende
Aufgaben, Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung, ein-
schließlich Maßnahmen zur Herbeiführung des Friedens" an-
schließen.

Sie werden an deren Durchführung sowie an den einschlägi-
gen Übungen und der Planung dieser Aufgaben teilnehmen
können, sofern nicht die Mehrheit der Mitgliedstaaten oder die
Hälfte der Mitgliedstaaten einschließlich der Präsidentschaft
etwas anderes beschließt. Sie werden um Informationen über
die Streitkräfte ersucht werden. Sie werden außerdem Streit-
kräfte für spezifische Operationen anbieten können.

Wird beschlossen, daß sie durch Bereitstellung von Streitkräf-
ten an solchen WEU-Operationen teilnehmen, so haben sie
dieselben Pflichten wie die anderen Teilnehmer sowie das
Recht, an den Kommandostrukturen und dem anschließenden
Entscheidungsprozeß des Rates beteiligt zu werden.  Die ge-
nauen Modalitäten ihrer Teilnahme einschließlich ihrer Rechte
und Pflichten bei jeder derartigen WEU-Operation werden im
Einzelfall abgestimmt.


Teil III

FOLGEERKLÄRUNG ZUM "DOKUMENT ZUR
ASSOZIIERTEN MITGLIEDSCHAFT"
vom 20.  November 1992

Der WEU-Ministerrat kam am 9. Mai 1994 in Luxemburg
zusammen.

Eingedenk

- der Maastrichter Erklärung der WEU vom 10.  Dezember
1991, in der andere europäische Mitgliedstaaten der NATO
eingeladen wurden, assoziierte Mitglieder der WEU nach
Modalitäten zu werden, die es ihnen ermöglichen, an den
Tätigkeiten der WEU voll teilzunehmen, unter Berücksich-
tigung ihrer Rolle als Verteidigungskomponente der Euro-
päischen Union und als Instrument zur Stärkung des euro-
päischen Pfeilers der Atlantischen Allianz,

- der Petersberg-Erklärung "Beziehungen zwischen der WEU
und den anderen europäischen Mitgliedstaaten der Euro-
päischen Union bzw. des Atlantischen Bündnisses" vom
19. Juni 1992,

- des "Dokuments zur assoziierten Mitgliedschaft", das auf
der Tagung des WEU-Ministerrats am 20.  November 1992
in Rom vereinbart wurde;

i n   d e r   E r k e n n t n i s,  daß die assoziierten Mitglieder der
WEU einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit und Stabilität in
Europa leisten;

u n t e r   B e k r ä f t i g u n g  der Notwendigkeit, die Beziehungen
zwischen den assoziierten Mitgliedern und der WEU nach
Modalitäten zu verstärken, die es ihnen ermöglichen, einen
noch größeren Beitrag zur WEU zu leisten, da sie sich neuen
Herausforderungen und Chancen gegenübersieht -

- bekräftigten die Minister das Bekenntnis des Rates, den
Sicherheitsinteressen der assoziierten Mitglieder in vollem
Umfang Rechnung zu tragen,

- betonten die Minister erneut, daß die Sicherheitsgarantien
und die Verteidigungsverpflichtungen, welche die Mitglied-
staaten innerhalb der WEU und des Atlantischen Bündnis-
ses verbinden, sich gegenseitig verstärken, und verwiesen
darauf, daß Artikel 5 des Washingtoner Vertrags auf die
assoziierten Mitglieder der WEU als Mitglieder des Atlan-
tischen Bündnisses in vollem Umfang Anwendung findet.

Des weiteren

- erinnerten die Minister daran, daß sich nach dem Dokument
zur assoziierten Mitgliedschaft assoziierte Mitglieder den
von den Mitgliedstaaten gefaßten Beschlüssen anschließen
können,

- betonten die Minister, daß assoziierte Mitglieder durch
Bereitstellung von Streitkräften für militärische Opera-
tionen der WEU zu den im Dokument von Rom vom
20. November 1992 festgelegten Bedingungen an diesen
Operationen wie auch an einschlägigen Übungen und Pla-
nungsaktivitäten auf der gleichen Grundlage wie Vollmit-
glieder teilnehmen werden,

- bekräftigten die Minister, daß in allen Fragen betreffend die
Sicherheit der für solche Operationen bereitgestellten Streit-
kräfte kein Unterschied zwischen Streitkräften von assozi-
ierten Mitgliedern und Streitkräften von Vollmitgliedern
gemacht wird.

Die vorliegende Erklärung zieht keine Änderungen des am
20. November 1992 in Rom verabschiedeten "Dokuments zur
assoziierten Mitgliedschaft" nach sich.

Der WEU-Ministerrat vereinbarte,

-    daß die assoziierten Mitglieder in vollem Umfang berechtigt
     sind, der WEU zugeordnete militärische Einheiten zu stellen,

-    daß die Republik Island, das Königreich Norwegen und die
     Republik Türkei Offiziere für die Planungszelle benennen
     können, damit das Planungspotential der WEU verstärkt
     und es ihr erleichtert wird, für die in der Petersberg-Erklä-
     rung definierten Aufgaben auf die Sachkenntnis und die
     Mittel der assoziierten Mitglieder zurückzugreifen,

-    daß die Republik Island, das Königreich Norwegen und die
     Republik Türkei so bald wie möglich an das WEUCOM-
     Netzwerk zum Austausch von Mitteilungen betreffend
     Tagungen und Aktivitäten, an denen die assoziierten Mit-
     glieder teilnehmen, angeschlossen werden sollen.

Die Minister bekräftigten, daß die in der vorliegenden Erklä-
rung enthaltenen Vereinbarungen nicht ohne Zustimmung der
assoziierten Mitglieder geändert werden können.

Schließlich ersuchte der Rat die Versammlung der WEU - in
Anerkennung ihrer Autonomie -, durch ihre nationalen Dele-
gationen die vorliegenden Vereinbarungen hinsichtlich der
Beteiligung von Parlamentariern aus assoziierten Mitglied-
staaten weiter zu prüfen.




Erklärung vor dem WEU-Ministerrat

     Der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Klaus K i n k e l,
     gab anläßlich der Tagung des Ministerrats der Westeuro-
     päischen Union am 9. Mai 1994 in Luxemburg folgende
     einleitende Erklärung ab:

Der heutige Ministerrat steht am Abschluß der einjährigen
luxemburgischen Präsidentschaft in der Westeuropäischen
Union (WEU).  Für die gute Arbeit des Vorsitzes möchte ich
unserem Kollegen Außen- und Verteidigungsminister Poos
ebenso wie Botschafter Linster und seinen Mitarbeitern aus-
drücklich danken.

Seit unserer letzten Ministertagung sind wir in der Entwick-
lung der WEU ein wichtiges Stück weitergekommen.  Wir
werden heute nachmittag die mitteleuropäischen und balti-
schen Staaten als assoziierte Partner begrüßen.  Ich bin allen
Kollegen sehr dankbar, daß Sie diesen von Außenminister
Juppe und mir im Herbst letzten Jahres vorgelegten Vorschlag
in so konstruktiver Weise aufgegriffen haben.

Ich glaube, daß wir mit dem Ergebnis sehr zufrieden sein
können.  Wenn wir es nämlich ernst mit der Heranführung
dieser Staaten an die Europäische Union meinen, muß parallel
zu der Assoziierung zur Union auch eine engere Anbindung an
die WEU erfolgen.  Mit der Schaffung des assoziierten Status
ist dies erreicht.

Ich glaube, daß eine Einbeziehung dieser Staaten in die euro-
päischen und transatlantischen Sicherheitsstrukturen ein wich-
tiger Beitrag zur Sicherheit ganz Europas ist.  Die Möglichkeit
einer Teilnahme dieser Staaten an unseren sicherheits- und
verteidigungspolitischen Konsultationen ebenso wie an zu-
künftigen humanitären und friedenssichernden Einsätzen
schafft neue konkrete Felder der Zusammenarbeit.  Diese Zu-
sammenarbeit steht zugleich in einem engen Verhältnis gegen-
seitiger Ergänzung mit der Partnerschaft für den Frieden der
NATO, die insbesondere die militärische Zusammenarbeit
vertiefen wird.

Deutschland tritt für eine immer engere Zusammenarbeit der
WEU mit der EU ein.  Wenn wir Anfang Juli den Vorsitz in der
Union übernehmen, wollen wir hier zielstrebig weitere Fort-
schritte erzielen.  Gleichzeitig wird aber auch die enge Verbin-
dung zur NATO immer wichtiger.  In diesem Zusammenhang
ist die heute ebenfalls beschlossene Stärkung unserer Zusam-
menarbeit mit den assoziierten NATO-Staaten zu sehen.  Diese
werden in unseren Konsultations- und Entscheidungsprozeß
ebenso wie in unsere gemeinsamen Operationen künftig noch
intensiver einbezogen und werden damit an der Weiterent-
wicklung der WEU umfassend teilnehmen können.

Die ausdrückliche Unterstützung des NATO-Gipfels für die
Weiterentwicklung der europäischen Sicherheits- und Vertei-
digungsidentität mit dem Ziel einer gemeinsamen Verteidi-
gungspolitik der Europäischen Union ist eine wichtige Grund-
lage für eine verstärkte transatlantische Partnerschaft.  Die
Entscheidung des Gipfels, daß die Europäer gegebenenfalls
die gemeinsamen Strukturen und Fähigkeiten der Atlantischen
Allianz für Einsätze im Rahmen der WEU nutzen können, ist
eine Weichenstellung für unser zukünftiges Zusammenwirken.  
Auch die Umsetzung des NATO-Konzepts zur Schaffung
alliierter Streitkräfte-Kommandos ist für die weitere Arbeit der
WEU von großer Bedeutung.

Der Phase der Erweiterung der WEU muß nunmehr eine Phase
der Vertiefung folgen.  Wir haben das Ziel, das wir uns 1992
auf dem Petersberg gesetzt haben - nämlich Einsätze zur
Friedenssicherung selbständig durchführen zu können - noch
nicht erreicht.  Eine erhebliche Verbesserung der Zusammenar-
beit auf der Ebene der Streitkräftegruppierungen, der Kom-
mandostrukturen und auch der Logistik, Aufklärungs- und
Infrastrukturplanung ist erforderlich.  Hier könnte m.E. ein
Schwerpunkt für die bevorstehenden Monate liegen.

Lassen Sie mich kurz auch die Beratungen in der WEU über
eine satellitengestützte Aufklärung ansprechen.  Dies ist ein
sehr ehrgeiziges Konzept.  Wir stehen hier vor der Entschei-
dung, ob wir diese Zusammenarbeit über die Studienphase
hinaus fortsetzen und in die Projektphase übergehen.  Ich
glaube, wir sollten diese Herausforderung im Prinzip anneh-
men.  Denn ohne eine gemeinsame europäische Aufklärungs-
kapazität ist eine gemeinsame Krisenbekämpfung letztlich
kaum realisierbar.  Der voraussichtlich erhebliche Kostenauf-
wand muß allerdings sachlich einwandfrei gerechtfertigt
sein.

Die nächste Bewährungsprobe steht der Westeuropäischen
Union in Kürze bevor, wenn sie bei Übernahme der Admini-
stration von Mostar durch die Europäische Union mit einbezo-
gen wird.  In den vergangenen Monaten ist die Planung in der
WEU für einen Beitrag im Polizeibereich weit vorangetrieben
worden.  Ohne die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ord-
nung in Mostar sind alle weitergehenden Maßnahmen zum
Wiederaufbau dieser Stadt auf Sand gebaut.  Falls der WEU
diese Aufgabe übertragen wird, kann sie ein weiteres Mal
unter Beweis stellen, daß sie nach ihrer erfolgreichen Mit-
wirkung an der Durchsetzung des Embargos in der Adria
- gemeinsam mit der Atlantischen Allianz - und auf der
Donau - gemeinsam mit der Europäischen Union - auch einen
wichtigen Beitrag zur Wiederherstellung des friedlichen
Zusammenlebens in Mostar leisten kann.

Das zweite Halbjahr 1994 und das Jahr 1995 werden bereits
im Zeichen der für 1996 vorgesehenen EU-Regierungskon-
ferenz stehen. Dies gilt auch für die WEU als integraler Teil
für die Entwicklung der europäischen Sicherheits- und Ver-
teidigungsidentität.

Der Vorschlag der künftigen niederländischen Präsidentschaft,
die Untersuchung für die Voraussetzungen einer europäischen
Verteidigungspolitik in den Mittelpunkt des zweiten Halb-
jahres zu stellen, findet die volle deutsche Zustimmung.  Wir
werden als deutsche Präsidentschaft in der Union gerne kon-
struktiv daran mitwirken, in engem Zusammenwirken mit der
niederländischen Präsidentschaft den Weg in der Union und
WEU zu ebnen, damit die Regierungskonferenz eine neue
Seite aufschlagen kann auf unserem Weg in eine gemeinsame
europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik.




Erklärung vor dem WEU-Konsultationsforum

     Der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Klaus K i n k e l,
     gab anläßlich der Tagung des Konsultationsforums der
     Westeuropäischen Union am 9. Mai 1994 in Luxemburg
     folgende einleitende Erklärung ab:

Ich freue mich, daß wir heute ein politisches Dokument ver-
abschieden, das die Zusammenarbeit der WEU mit den mittel-
europäischen und baltischen Staaten auf eine neue Grundlage
stellt.

Gemeinsam mit Alain Juppe habe ich im November des
vergangenen Jahres die Initiative zugunsten eines Assoziie-
rungsstatus für die Staaten ergriffen, die ein Assoziierungsab-
kommen mit der Europäischen Union abgeschlossen haben
oder abschließen werden.  Für uns stand die Überlegung im
Vordergrund, daß eine stärkere Einbindung der Partner des
Konsultationsforums in die europäische Sicherheits- und Ver-
teidigungspolitik notwendig ist: ihre Annäherung an die Euro-
päische Union muß auch in diesem Bereich beschleunigt
werden.  Ich möchte meinen Kollegen aus den WEU-Mitglied-
staaten danken, die es durch ihre aktive Mitarbeit ermöglicht
haben, diese Initiative zügig und erfolgreich umzusetzen.

Die seit Juni vergangenen Jahres erfolgreich verlaufende ope-
rative Zusammenarbeit der WEU mit Ungarn, Rumänien und
Bulgarien im Rahmen der Überwachung und Durchsetzung
des Embargos der Vereinten Nationen gegen Serbien und
Montenegro stellen wir heute auf eine feste Grundlage.  In
Zukunft wird es möglich sein, daß sich unsere assoziierten
Partner an Operationen der WEU beteiligen, wie sie in der
Petersberg-Erklärung vom Juni 1992 definiert wurden.  Glei-
ches wird für die sicherheits- und verteidigungspolitischen
Beratungen des Rates der WEU gelten.  Sie werden in den
europäischen Meinungsaustausch einbezogen; sie erhalten
gleichzeitig die Möglichkeit, ihre Überlegungen in den Kon-
sultationsprozeß der WEU einzubringen.

Dies steht in vollem Einklang mit der Entwicklung in der
Europäischen Union, die mit dem Europäischen Rat Kopen-
hagen sowie dem Allgemeinen Rat vom 7. Februar 1994 den
mitteleuropäischen und baltischen Staaten eine klare Beitritts-
perspektive gegeben hat.

Die Einbeziehung der mitteleuropäischen und baltischen Staa-
ten in die sicherheits- und verteidigungspolitischen Diskussio-
nen und Aktionen der WEU ist somit ein weiterer konkreter
Schritt zu ihrem Beitritt zur Europäischen Union.

In den nächsten Monaten werden sich die neuen Mitwirkungs-
möglichkeiten der assoziierten Partner in der täglichen Arbeit
der WEU bewähren müssen.  Ich bin sicher, daß dies reibungs-
los gelingen wird.

Auf die Phase der Erweiterung muß nun eine Phase der
Vertiefung folgen. Die Entwicklung in Europa zeigt uns täg-
lich, daß zur Sicherung des Friedens auf unserem Kontinent
auch militärische Kapazitäten vorhanden und einsetzbar sein
müssen.  Wir haben das Ziel noch nicht erreicht, die WEU in
die Lage zu versetzen, solche Einsätze selbständig durchzu-
führen.

Eine Verbesserung der Zusammenarbeit auf der Ebene der
Streitkräfte, Gruppierungen der Kommandostrukturen und
auch der Logistik, Aufklärung und Infrastrukturplanung ist
erforderlich. Wir haben bei den Einsätzen in der Adria sowie
an der Donau mit der Atlantischen Allianz und der Euro-
päischen Union bereits eng zusammengewirkt.  Diese Zusam-
menarbeit mit der Atlantischen Allianz bleibt von größter
Bedeutung.

Es ist denkbar, daß die WEU in Kürze bereits eine neue
Bewährungsprobe zu bestehen hat; eine Beteiligung durch
zivile Polizeikräfte an der EU-Administration von Mostar
wäre von großer Bedeutung für die allmähliche Durchsetzung
von Frieden und Stabilität in ganz Bosnien-Herzegowina. Die
WEU könnte hier ein weiteres Mal unter Beweis stellen, daß
sie ihre Rolle im Zusammenspiel der europäischen Sicher-
heitsorganisationen wirksam erfüllen kann.

Abschließend möchte ich nochmals meiner Freude darüber
Ausdruck geben, daß die Mitglieder des Konsultationsforums
mit dem heutigen Tag assoziierte Partner der WEU geworden
sind. Damit sind wir dem Ziel einer gesamteuropäischen
Friedenspolitik ein beträchtliches Stück nähergekommen.


Quelle: Bulletin Nr. 46 vom 20.05.1994, S. 405-411




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