Auswirkungen von Atomwaffentests seit dem Beginn
im Jahre 1945
Ein Überblick
Diese Dokumentation wurde zusammengestellt von:
Reinhard Schultz MdB
Klaus Freitag
Bundeshaus 53113 Bonn
Bonn, den 15. November 1995
3. UdSSR und die Nachfolgestaaten Rußland, Belorus,
Kasachstan, Ukraine
"Wir dachten, wir seien ein Land des
Friedens, aber in Wirklichkeit hat unsere
Regierung vierig Jahre lang einen Atomkrieg
gegen das eigene Volk geführt."
O. Sulejmenov, kasachischer Dichter und
Politiker, im Jahre 1989 zu den
Atomwaffentests der UdSSR in Kasachstan.
Am 16. Juli 1945 ist in der Wüste von New Mexico die erste
amerikanische Atomwaffe "Frinity" explodiert. Nur drei Wochen
später, am 6. August, wurde eine Atombombe über der japanischen
Stadt Hiroshima abgeworfen, am 9. August wurde Nagasaki durch
eine weitere Atombombe fast vollständig zerstört. Fast genau
50 Jahre nach den ersten und bislang einzigen Einsätzen von
Atomwaffen in Kriegssituationen rückt vor allem das Thema
"Atomwaffentest" wieder weltweit in den Blickpunkt des
Interesses. Frankreich beabsichtigt ab September 1995, acht
Atomwaffentests auf dem Mururoa-Atoll im Südpazifik
durchzuführen. Neben Frankreich hat China für das Jahr 1995 4
bis 5 Tests angekündigt, von denen bis Ende August 2 Tests
bereits durchgeführt worden sind.
Man muß bei den seit 1945 durchgeführten Atomtests grundsätzlich
zwischen zwei Arten unterscheiden: Auf der einen Seite wurden
bis 1963 fast ausschließlich oberirdische oder atmosphärische
Atomtests durchgeführt.
Im Jahre 1963 wurde von den Atommächten auch unter dem Eindruck
der Cuba-Krise 1962 der Vertrag über ein Verbot von
Kernwaffenversuchen in der Atmosphäre, im Weltraum und unter
Wasser vereinbart. Damit war die Möglichkeit gegeben, zumindest
die über alle Maßen und offensichtlich gefährlichen
oberirdischen Atomtests zu stoppen. Seit 1963 wurden demnach in
der Mehrzahl unterirdische Tests durchgeführt.
Bezeichnenderweise traten die beiden Atommächte, die im Jahre
1995 aktiv mit Atomtest s beschäftigt sind, diesem Vertrag nicht
bei. Frankreich führte im Südpazifik bis 1974, China im eigenen
Land gar bis 1980 oberirdische Atomwaffenversuche durch.
Wenn man über unterirdische Atomwaffentests spricht, dann kann
man wiederum vertikale (vertikale Schächte werden in die Erde
bzw. in den Meeresgrund bis zu 700 m tief getrieben, in denen
dann die Explosion ausgelöst werden) und horizontale
Atomwaffentests unterscheiden (horizontal verlaufende Tunnel
werden z.B. in Bergmassive getrieben und umschlossen von den
Erdund Steinmassen gezündet).
Gemeinsam ist beiden Methoden das Prinzip der Lagerung der
Atomabfälle und damit die automatische Umschließung des
Materials durch Erdmassen. Seit den 70er Jahren gibt es eine
lange und überaus differenzierte politische Diskussion über den
endgültigen und umfassenden Atomwaffenteststopp. Zwar war 1970
mit dem Inkraftreten des Atomwaffensperrvertrages
(Non Profileration-Treaty- NPT) angekündigt worden, daß die
Atommächte Zurückhaltung in bezug auf weitere Atomtests üben
sollten und auf einen endgültigen Stopp aller
Versuchsexplosionen zu dem "frühestmöglichen Zeitpunkt"
hinzuwirken hätten.
Bei den weiteren diplomatischen und politischen Verhandlungen in
den 70er und 80er Jahren standen vor allem drei wichtige Aspekte
im Mittelpunkt der Diskussionen:
1. Um die notwendige Vertrauensbasis für weiterreichende Verträge
zu schaffen, müssen alle durchgeführten und geplanten Tests
verifizierbar sein. Etwaige Tests müssen exakt kontrolliert,
aufgenommen und lokalisiert werden. Daneben ist eine enge
Kooperation der potentiellen Atommächte vonnöten, wenn man die
Einhaltung von Verträgen und Vereinbarungen überprüfen will.
2. Genauso brisant ist die Frage, wie man in Zukunft mit
sogenannten "Miniatomwaffen" umzugehen hat. In diesem
Zusammenhang gab es eine lange und schwierige Diskussion um
einen "Schwellenvertrag", der bedeuten könnte, daß nur noch
Testexplosionen von "kleinen Atomwaffen" bis zu einer
Sprengkraft bis zu 500 Tonnen genehmigt werden.
3. In der Diskussion über die Einstellung von Atomwaffentests
wurde immer wieder das Argument geäußert, man müsse
Atomexplosionen zu "friedlichen Zwecken" ausklammern. Die
Ergebnisse und Auswirkungen der Test sollen dabei angeblich
friedlichen Zwecken zugeführt werden. Allgemein ist man sich
darüber einig, daß es fast unmöglich sein wird, eine sichere
Trennung und Beurteilung in der Frage vorzunehmen, ob eine
seismisch aufgenommene Atomexplosion nun friedlichen Zwecken
oder zur Überprüfung bzw. Weiterentwicklung bereits vorhandener
Atomwaffen diente. Die großen Atommächte USA, die z.B. den Plan
gefaßt hatten, mit Atomexplosionen einen zweiten Panama-Kanal zu
schaffen, und die ehemalige UdSSR jedenfalls haben alle
Versuche, Atomwaffentests als "friedlich" zu deklarieren und zu
nutzen, wegen zu großer nuklearer Verstrahlung der jeweiligen
Umgebung wieder eingestellt.
Im Jahre 1992 wurde ein freiwilliges Atomwaffentestmoratorium
zwischen den USA, Rußland, Großbritannien und Frankreich
vereinbart.
Im Mai 1995 wurde der Atomwaffensperrvertrag verlängert, in dem
weitere Verhandlungen mit dem Ziel eines endgültigen Stopps der
Atomwaffentests Ende 1996 (Comprehensive Test Ban Treaty CTBT)
angekündigt wurden. In der Zwischenzeit wurde "äußerste
Zurückhaltung" bei weiteren Atomwaffentests vereinbart. Soweit
man dies zum jetzigen Zeitpunkt beurteilen kann, beschäftigen
sich momentan die USA, Großbritannien und Rußland vor allem mit
der Computersimulationen von Atomwaffenexplosionen in den
Laboren.
Grundsätzlich von Bedeutung auch für das Problem, wie man einen
umfassenden Atomwaffenteststopp erreichen kann, ist die Frage
nach den Motiven, die Atommächte veranlassen, derartige Tests
durchzuführen. Es stehen von offizieller Seite vor allem drei
Aspekte im Vordergrund:
1. Atomwaffentests dienen zur Überprüfung der Effektivität und
Funktionsfähigkeit der Waffen.
2. Durch Atomwaffentests soll die Sicherheit der Waffensysteme
überprüft werden.
3. Atomwaffentests dienen jedoch vor allem der Entwicklung und
Erprobung neuer atomarer Waffensysteme.
1. USA
(vgl. auch die Bemerkungen zu den Christmas-Islands (GB)
bis Juni 1992 940 Tests)
Hiroshima/Nagasaki (2, 1945)
So erschreckend es klingt, wird man unbedingt auch die Abwürfe
der Atombomben auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki
im Jahre 1945 zu den Atomwaffentests zählen können. In den
letzten Jahren haben zeitgeschichtliche Forschungen über den
Verlauf und die Hintergründe des Jahres 1945 ergeben, daß man
den Atombombenabwurf der Amerikaner über den japanischen
Großstädten wesentlich differenzierter betrachten muß. Heute
gilt im wesentlich als gesichert, daß der nach dem Tod
Roosevelts gerade erst in das Amt gelangte Präsident Truman
seine Entscheidung auch unter dem Druck der Militärs und
Wissenschaftlern getroffen hat, die nur wenige Wochen nach dem
ersten erfolgreichen Test auf den Einsatz drängten, um die
Auswirkungen einer Bombe in einer realen Kriegssituation zu
beobachten.
Pazifik Marschall-Inseln
(106 Atomwaffentests von 1946-1962)
Insgesamt haben die USA im Pazifik 106 Atomtests auf den
Marschallinseln, die von 1885 bis 1918 als "Deutsch-Mikronesien"
zum Deutschen Reich gehörten, durchgeführt. Im Jahre 1946 wurden
die ersten Tests auf dem BikiniAtoll durchgeführt. Im Vorfeld
der Tests mußte die Bevölkerung das Atoll verlassen und wurde in
dem Glauben gelassen, nach Beendigung der Tests wieder auf ihre
Heimatinseln zurückkehren zu können. Die Bewohner mußten auf das
Rongerik Atoll übersiedeln, 200 Kilometer östlich von Bikini.
Der Umzug der Mikronesier auf eine erheblich kleinere Insel
brachte immense soziale und kulturelle Nachteile mit sich.
Nach zwei Explosionen in Bikini wurden auch auf der
Enewetok-Atoll-Kette und auf anderen Inseln in der Umgebung
Atomtests durchgeführt. Als sicher kann heute gelten, daß die
Tests zu erheblichen Umweltschäden auf den Inseln, Lagunen und
Atollen geführt haben. Im Pazifik-Atoll Enewetok soll gar eine
kleinere Insel infolge eines Atomtests regelrecht "verdampft"
und damit für alle Zeit verschwunden sein.
Die Fallouts nach Atomexplosionen verseuchten die Bewohner der
umliegenden Inseln und Atolle vor allem bei widrigen
Windverhältnissen. In einigen Fällen war die Verstrahlung der
Bevölkerung so groß, daß diese evakuiert werden mußte. Die
Langzeitfolgen für die Gesundheit der Bewohner waren immens:
Viele Menschen starben nach einigen Jahren an Krebs und
Leukämie, schwangere Frauen mußten häufig unter Fehl- und
Frühgeburten leiden, eine erhöhte Zahl von behinderten Kindem
kamen zur Welt. Besonders erschreckend sind die sogenannten
"Quallenkinder", die auf den Pazifikinseln geboren wurden:
Säuglinge ohne Knochengerüst und ohne Gesicht, die häufig nur
wenige Stunden zu Leben haben.
Eine große Gefahr bestand auch für die Fischerei, die in der
Umgegend betrieben wurde, ganze Fischereischiffe wurden durch
Atomwaffentests verseucht, im Meer machen sich erhöhte
Strahlendosen bemerkbar, auch die gefangenen Fische sind zu
einem beträchtlichen Teil verseucht, gelangen somit in die
Nahrungskette der Menschen.
Ende der 60er Jahre forderten die Bewohner des Bikini Atolls,
die seit 1946 im Exil lebten, die Rückkehr auf ihre Heimatinsel.
Die amerikanische Regierung gab daraufhin die Anweisung, das
Atoll wieder bewohnbar zu machen. Die Sicherheit der Bewohner
freilich konnte man nicht gewährleisten. 1972 konnten die
Mikronesier nur unter großen Belastungen zurückkehren. U.a.
mußten die Bewohner in den nächsten Jahren zu einem Großteil mit
importierten Lebensmitteln versorgt werden, weil sie auf die
Produkte vor Ort aufgrund der hohen Strahlenbelastung nicht
zurückgreifen konnten. Im Jahre 1978 war es notwendig geworden,
die Bewohner erneut zu evakuieren. Eine großangelegte
Dekontaminierungsmaßnahme wurde angekündigt und in die Wege
geleitet.
Auch in anderen Atollen wurden Rückführungsmaßnahmen
durchgeführt. Es wird jedoch gemutmaßt, daß diese Maßnahmen
unter großem finanziellen Aufwand auch deswegen in die Wege
geleitet wurden, um den Wissenschaftlern die Möglichkeit zu
geben, die Zurückkehrenden quasi als Testpersonen zu betrachten,
um zu testen, wie Menschen z.B. Radioaktivität absorbieren.
Spätere medizinische Untersuchungen scheinen dies zu bestätigen.
Eine weitere Bedrohung der Menschen vor Ort, im gesamten
Südpazifik, auch im Mururoa-Atoll, resultiert aus der
sogenannten "Ciguatera" Vergiftung, einem
großen Problem für das Gesundheitswesen des Südpazifiks.
Atomwaffentests könnten nämlich die Produktion von Toxinen in
einzelligen Meereslebewesen, die in den Korallen leben, anregen,
somit das spezifische Ökosystem in den Lagunen stören.
Wenn diese Giftstoffe in die Nahrungskette gelangen, dann
bestehen erhebliche Gefahren für die Bewohner der Atolle, deren
Nahrung zu einem Großteil aus Fisch besteht. Die
Marschallinseln sind in diesem Zusammenhang besonders betroffen.
Untersuchungen haben offensichtlich ergeben, daß seit Beginn der
Atomwaffentests die "Ciguatera" Erkrankungen erheblich
angestiegen sind. Exakte Hinweise auf Auslöser sind bislang
nicht ermittelt worden. Man sollte aber darauf hinweisen, daß
allein die mit den Atomwaffentests verbundenen logistischen und
militärischen Aktivitäten latente Störungen in dem überaus
sensiblen Ökosystem mit hervorgerufen haben.
Wenn Ciguatera Vergiftungen epedemieartig auftreten, dann sind
bisweilen Fischfangverbote erlassen worden. Die Menschen, für
die der Pazifikfisch den Haupteiweißlieferanten darstellt,
leiden infolge solcher Maßnahmen unter Armut und Unterernährung.
Wüstengebiete Nevada -New Mexico - Colorado
(Zentrales Testgelände der USA mit insgesamt 831 Tests, dies
bedeutet ca. alle drei Wochen ein Test) ab 1962.
Amchitka, Alaska 3
Auch bei unterirdischen Tests in den USA soll immer wieder
radioaktiver Niederschlag auf die Erdoberfläche gelangt sein.
Bei Zwischenfällen und regelrechten Unfällen sollen mehrfach
radioaktive Stoffe freigesetzt worden sein. So gibt es sichere
Hinweise darauf, daß routinemäßig für Sprengungen benutzte
Tunnelanlagen und Bohrlöcher entlüftet wurden. Radioaktivität
wird freigesetzt, die durch Fallouts oder Rainouts die nähere
und weitere Umgebung des Testgebietes belastet. Wie überall auf
der Welt, muß man auch in bezug auf die Folgen der Tests der USA
betonen, daß wissenschaftliche Untersuchungen und Messungen
behindert und verzögert wurden. Informationen von staatlicher
Seite wurden zudem nur unzureichend bereitgestellt.
Sicher ist aber, daß immense Belastungen für Soldaten, Techniker
und Arbeiter, die an den Tests teilgenommen haben bzw. im
Testgebiet tätig waren, aufgetreten sind. In den 80er Jahren
verklagten Soldaten und zivile Testbeobachter, die bis 1962 an
den oberirdischen Tests teilgenommen haben, die amerikanische
Regierung.
Besonders stark betroffen sind in den USA die Western Shoshone
Indianer in der Nevada-Region, in deren traditionellem Gebiet
die Versuche stattfanden. Ab 1987 formierte sich ein politischer
Widerstand der Indianer, die für einen Atomteststopp und eine
Rückkehr in ihr traditionelles Stammesgebiet bis heute kämpfen.
(bis Juni 1992 45 Tests, einschließlich der
in der Wüste Nevada, USA, durchgeführten Explosionen).
Nachdem sich die USA entschlossen hatten, Atomwaffengeheimnisse
nicht mit anderen Ländern zu teilen, bauten auch die Engländer
eigene Atomwaffen.
Die ersten Atomwaffentests der Briten fanden in Australien
statt, seit 1901 unabhängiges Mitglied des Commonwealth, aber
immer noch mit engen Verbindungen zu Großbritannien. 12
oberirdische Atomwaffentests wurden zwischen 1952 und 1957 an
drei verschiedenen Orten durchgeführt (Maralinga (7) und Woomera
Emu (2), und Monte Bello Islands (3), Inseln vor der Nordwest
Küste Australiens). Die Leitung war eindeutig den Briten
übertragen worden, es gab keine australische technische
Mitarbeit, nur logistische Hilfestellungen. Ab 1956 wurde der
Protest in Australien immer lauter. Es gab vor allem auch
heftige Kritik an dem damaligen australischen Premier Sir Robert
Menzies, der ohne wirkliche demokratische Legitimierung und ohne
Befragung des Kabinetts die britischen Atomwaffentests
genehmigte.
Das am stärksten belastete Gebiet in Australien ist die Umgebung
von Maralinga, der Ort, an dem die meisten Tests durchgeführt
worden sind. Bei einigen britischen Atomtests in Australien soll
auch der Lebensraum der australischen Aborigines von Fallouts
nach Atomexplosionen direkt betroffen worden sein. Seit den 70er
Jahren wird über eine umfassende Dekontamierung des Gebiets
nachgedacht. Anfang der 90er Jahre wurden mehrere 100 Millionen
Dollar teure Programme vorgelegt, die eine Rückkehr der
australischen Aborigines in ihren traditionellen Lebensraum
ermöglichen könnten.
Ein zentrales Thema in der australischen Öffentlichkeit waren
immer wieder die Krankheiten von Militärangehörigen, die infolge
von Strahlenbelastungen aufgetreten sind. Mitte der 80er Jahre
sind von Seiten der Betroffenen einige Schadensersatzklagen
angeregt worden. Dabei besteht - wie in anderen Ländern auch -
ein grundsätzliches Problem darin, den direkten Zusammenhang
zwischen einer Teilnahme an Atomwaffentests und späteren
Krebserkrankungen nachzuweisen. Forderungen wurden laut, die auf
die Notwendigkeit verwiesen, alle Untersuchungsergebnisse
bekanntzugeben und vor allem Schadensersatzzahlungen auch an
Zivilpersonen zu leisten. Zudem wurden in Australien Stimmen
laut, die von Großbritannien eine Beteiligung an den Kosten für
die umfassenden geplanten Entseuchungsmaßnahmen forderten.
In sechs Fällen jedoch wurde von Seiten der Gerichte zugunsten
der Veteranen entschieden. Insgesamt sollen ca. 15.000 Menschen
an den Atomtests mitgearbeitet haben. Mehrfach ist es zu
erheblichen Zwischenfällen gekommen, in deren Folge sowohl
Aborigines als auch Militärangehörige radioaktiven Strahlungen
ausgesetzt waren. 1986 kündigte die australische Regierung auch
die Zahlung von Entschädigungen an Aborigines an, die
umgesiedelt worden waren.
Pazifik Christmas Islands
Die Pazifik Christmas Islands, von der Landfläche her das größte
Korallenatoll des Pazifiks, liegen in der Nähe des Äquator,
zwischen Tahiti und Hawai. Die britischen Tests fanden von 1950
bis 1962 statt, insgesamt wurden 9 Atomwaffen oberirdisch
getestet. Die erste Wasserstoff-Bombe explodierte im Jahre 1957.
Zeitweise gab es auf den Christmas Islands eine Kooperation
zwischen Großbritannien und den USA, die dort zusätzlich noch 24
Atomwaffentests durchführten.
Auf den Christmas-Islands lebten ca. 300 Mikronesier in z.T.
geringer Entfernung zu den Inseln, auf denen die Tests
durchgeführt wurden. Im Jahre 1964 wurden die Inseln evakuiert.
Umweltverseuchungen dürften vor allem durch die "Fallouts" und
"Rainouts" mit radioaktivem Niederschlag herbeigeführt worden
sein.
Besonders gefährdet waren auch die britischen und
neuseeländischen Militärangehörigen, die während der Tests in
der Nähe der Inseln oder auf den Inseln selbst in
unterschiedlichen Funktionen stationiert waren. Bei den
britischen "Nuklearveteranen" wurde u.a. eine enorm hohe Rate
von Leukämieerkrankungen festgestellt.
Im Jahre 1963 stoppten die USA und Großbritannien ihre
Atomwaffentests im Pazifik. Ein Grund waren die Gefahren, die
auch unterirdische Versuche in den Atollen mit sich gebracht
hatten. Auch aus ökologischen Gründen verzichteten die USA und
Großbritannien auf weitere Versuche im Pazifik, die künftigen
Tests der USA und Großbritanniens fanden fast ausschließlich in
dem USamerikanischen Testgelände in der Wüste Nevada statt.
3. UdSSR bzw. Rußland, Weißrußland, Kasachstan und Ukraine
(bis Juni 1992 643 Tests, Zahl läßt sich nicht genau feststellen, man
findet auch die Zahl 713 bis 1989, atmosphärisch ca. 200)
Das zentrale Atomtestgebiet in der ehemaligen UdSSR befindet
sich in Kasachstan. Jedoch ist ein wichtiges Charakteristikum
der Atomwaffentests in der ehemaligen UdSSR, daß an einer
Vielzahl von verschiedenen Orten (ca. 50), verteilt auf das
gesamte Gebiet der ehemaligen UdSSR, zumindest jeweils ein bis
drei unterirdische Tests durchgeführt worden sind.
Das zentrale Testgelände in Kasachstan, wo im Jahre 1949 der
erste Atomwaffentest durchgeführt wurde, mit der Basisstadt
Kurtschatow, liegt in West-Kasachstan in der Nähe der größeren
Stadt Semipalatinks.
Vor allem die Bevölkerung in Kasachtan war in der Vergangenheit
immensen radioaktiven Belastungen ausgesetzt. Aufgrund der
breiten Streuung der Testorte ist jedoch die umfassende
Belastung für eine Vielzahl von Menschen in der ehemaligen UdSSR
besonders groß.
Eine Besonderheit der Atomtests in Kasachstan liegt in der
Tatsache, daß die unterirdischen Versuche in relativ geringer
Tiefe durchgeführt wurden, eine oberirdische Kontaminierungen
auch nach unterirdischen Atomwaffentests ist dort eher die
Regel. Ein weiteres Problem in der UdSSR wirkt sich darin aus,
daß in der Öffentlichkeit kaum Informationen über die
Auswirkungen der Tests verfügbar sind.
Neueste Berechnungen haben u.a. ergeben, daß die Bevölkerung in
Kasachstan jährlich mit 100 bis 200 rem verseucht wurde. Im
Vergleich dazu kann man die Verstrahlung der Bewohner von
Tschemobyl nach der Katastrophe im dortigen Kernkraftwerk im
Jahre 1986 mit 25 rem heranziehen.
Ab 1989 hat sich in Kasachstan eine aktive Antiatomtestbewegung
formiert. Im Jahre 1991 unterschrieb der kasachische Präsident
Nesarbajew einen Erlaß über die Schließung des Testgeländes.
Seit Beginn der Glasnost in der UdSSR sind erschreckende
Informationen bekannt geworden: So sollen in Semipalatinks
während der Wasserstoffbombentests ab 1953 Dorfbewohner bewußt
den Tests ausgesetzt worden sein. Bei einer militärischen Übung
im Südural soll 1954 eine Atombombe absichtlich gezündet worden
sein, um die an der Übung teilnehmenden Soldaten der Strahlung
auszusetzen.
Daneben wurden Atomwaffen ab 1954 auf der unbewohnten
Arktisinsel Nowaja Semlja (Movaya Zem), im Nordmeergebiet
durchgeführt. Von den Atomwaffentests im Nordmeer besonders
betroffen ist das Volk der Tschuktschen, das hauptsächlich von
der Rentierzucht lebt. Die Tschuktschen sollen in der
Vergangenheit hohen Strahlendosen ausgesetzt gewesen sein.
Ukraine
Die Ukraine ist die zur Zeit drittstärkste Atommacht, noch
stärker gerüstet als China, und in der Lage,
Interkontinentalraketen zu bauen. Zwar hat der Präsident der
Ukraine, L. Krawtschuk 1992 angekündigt, sein Land werde alles
dafür tun, daß es sich zu einem "atomwaffenfreien" Staat
entwickeln werde, konkrete Schritte, auch in den internationalen
Vertragswerken, sind bislang jedoch nicht in die Wege geleitet
worden. Zudem wird befürchtet, daß gerade im Falle der
Vernichtung der Waffen Nuklearmaterialien aus der Ukraine in
alle Welt verkauft werden.
Kasachstan
Auch Kasachstan muß nach dem Zusammenbruch der UdSSR als
Atommacht betrachtet werden. In Kasachstan ist eine vollständige
atomare Infrastruktur vorhanden, darunter auch das wichtigste
Atomtestgelände der ehemaligen UdSSR.
Belorus/Weißrußland
Belorus ist die kleinste Atommacht, die aus der UdSSR
hervorgegangen ist. Der Staat besitzt keine Anlagen, die zur
Entwicklung und Produktion weiterer Atomwaffen dienen könnten.
(bis November 1995 ca. 200 Tests)
Algerien, Sahara, 2 Testgelände
Die ersten Atomtests der Franzosen fanden im Jahre 1960 in
Algerien, damals noch Kolonie, in der Wüste Sahara statt. Die
ersten vier Tests wurden überirdisch durchgeführt. Nach heftigen
Protesten der afrikanischen Anrainer wurde ab 1961 nur noch
unterirdisch getestet, bis 1965 wurden 10 unterirdische
Atomwaffentests durchgeführt, in einer Zeit, in der Algerien und
Frankreich sich schon in einem heftigen Unabhängigkeitskrieg
befanden. Über die Auswirkungen der Tests in Algerien ist wenig
bekannt. Es gibt aber Gerüchte über einige Zwischenfälle und
eine Verstrahlung weiter Teile der Wüste Sahara. Auch in
diesem Fall hatte im besonderen eine ethnische Minderheit, das
Nomadenvolk der Berber, unter den Atomtests zu leiden.
Mururoa- Atoll, Fangataufa-Atoll, Französisch Polynesien (Bis
1995 auf beiden Atollen ca. 170)
Die Planungen und Vorbereitungen für französische Atomtests im
Südpazifik waren schon Anfang der 60er Jahre begonnen worden. Im
Jahre 1966 fand der 1. atmosphärische Test statt. Bis zum Jahre
1974 testete Frankreich 41 Atomwaffen überirdisch, 34 in
Mururoa, 4 in Fangataufa, 3 über dem Südpazifik. Die
Sprengladungen wurden entweder von Flugzeugen oder Fesselballons
abgeworfen oder auf Booten gezündet.
Das Mururoa-Atoll und Fangataufa waren vor den Tests nicht
bewohnt, die nächste bewohnte Insel, Tureia ist 100 km, Tahiti
1.200 km von Mururoa entfernt. Mururoa wurde wohl vor allem
deswegen ausgewählt, weil im Umkreis von 1.000 km nur ca. 5.000
Menschen wohnten. Tureia mit 60 Bewohnern wurde 1968 evakuiert,
nachdem mehrfach atomarer Fallout auf die Insel niedergegangen
war. Über die Reichweite der Fallouts wird diskutiert. Es gibt
jedoch berechtigte Befürchtungen, daß erhöhte atomare Dosen in
einem sehr weiten Radius, u.a. in Tahiti, aufgetreten sein
könnten. Zudem gibt es Informationen über einige Zwischenfälle,
ausgelöst durch "Rainouts", die Samoa (1964 in Anwesenheit von
Ch. de Gaulle) und Tahiti (1976) besonders belastet haben.
Insgesamt leisteten die Polyneser lange Zeit nur geringen
Widerstand, auch weil durch die Anwesenheit der Franzosen vor
allem in Tahiti große Summen investiert wurden, so daß sich
Arbeitsbedingungen und auch der allgemeine Lebensstandard der
einheimischen Bevölkerung verbesserten. Letztendlich profitierte
jedoch dauerhaft nur eine kleine Schicht von Geschäftsleuten und
Einwanderern. Ab Mitte der 80er Jahre formierte sich jedoch der
Widerstand der insgesamt 190.000 Bewohner von Französisch
Polynesien.
Man muß kurzfristige und langfristige Folgen der unterirdischen
Tests unterscheiden.
Die Explosionen können jederzeit direkt Erdrutsche,
Bodenabsenkungen, unterseeische Verschiebungen, Flutwellen und
Erdbeben auslösen. Im Jahre 1979 hat ein Zwischenfall eine
immense Flutwelle und einen Erdrutsch ausgelöst, als eine
geplante Detonation der Franzosen in 800 m nicht zustandekam und
der Sprengkopf in nur 400 m Tiefe steckenblieb.
Zu den langfristigen Folgen zählt sicher die latente Bedrohung
der Umwelt durch die riesige Atommüllhalde, die der Sockel des
Atolls darstellt. Bei den unterirdischen Tests der Franzosen in
den Atollen werden Bohrlöcher bis zu 1.200 m tief in das
Basaltfundament getrieben (sog. vertikale Tests). Die
Sprengladungen werden in den Tunneln versenkt, die anschließend
zubetoniert werden. Bei der Explosion entsteht eine Hohlkammer,
das gesamte Sprengmaterial vermischt sich mit dem umschließenden
Basaltgestein und wird mit diesem zusammen anschließend
insgesamt verschlossen. Im Prinzip besteht heute Einigkeit
darüber, daß das Atoll ein höchst anfälliges geologisches
Gebilde darstellt, das kaum geeignet ist, atomare Rückstände auf
Dauer sicher zu verschliessen.
Es gilt heute als weitgehend sicher, daß Radioaktivität bereits
freigetreten und Spaltmaterial in die Biosphäre gelangt ist.
Zudem ist gelöstes Plutonium im Meer nachweisbar und kann auf
diese Weise in die Nahrungskette gelangen. Durch
Grundwasseraustritt sind zudem im Meer erhöhte Tritium-Werte
registriert worden. Es besteht desweiteren die
Wahrscheinlichkeit, daß gasförmige und flüchtige Spaltprodukte
ausströmen und freigesetzt werden. Zudem haben Untersuchungen
ergeben, daß Risse und Klüfte im Basaltkalkstein schon vorhanden
sind, die bei weiteren Atomwaffentests größer werden könnten, so
daß letztendlich ein Auseinanderbrechen des Atolls droht.
Auf der Landfläche des Mururoa Atolls selbst wird radioaktiver
Müll gelagert. Sicherheitstests auf dem Atoll selbst haben
u.a. Plutonium 239 freigesetzt. Bestandteile der auf dem Land
gelagerten atomaren Substanzen sollen im Lauf der Zeit ins Meer
geraten sein.
Auch über die Bedingungen und die Einflüsse der Atomwaffentests
auf Mensch und Umwelt in Französisch-Polynesien gibt es bislang
nur unzureichende Informationen. Das Gesundheitswesen in
Französisch-Polynesien z.B. steht unter französischer Kontrolle,
so daß über die möglicherweise durch atomare Verseuchung
verursachten Krankheiten keine verläßlichen Daten vorliegen.
Zudem ist zu betonen, daß Frankreich bemüht ist, eine
wissenschaftliche Erforschung vor Ort zu behindern. Mehrere
Berichte, darunter 1987 der bekannte J. Cousteau Bericht,
konnten nur unter großem Zeitdruck und Behinderungen
durchgeführt werden.
Im Jahre 1985 ist der im Jahre 1986 in Kraft getretene Vertrag
von Rarotonga (Vertragspartner: Australien, Neuseeland,
Cook-Inseln, Niue, Fiji, Tuvala, Kribati, West Samoa und den
Salomonen) vereinbart worden, in dem u.a. das Testen von
Atomwaffen im gesamten Südpazifik verboten wird. Auch hier hat
Frankreich eine Ablehnungsstrategie verfolgt, indem man dem
Vertrag nicht beitrat und weiter auf Atomtests in Mururoa
setzte. Mitte Oktober 1995 ließen die USA, Großbritannien und
Frankreich verkündigen, daß sie nach Abschluß der
französischen Atomtests den Vereinbarungen zustimmen werden,
die zum Ziel haben, den Südpazifik zu einer atomwaffenfreien
Zone zu machen. Aufgrund dieser überaus erschreckenden Situation
klingt es schon menschenverachtend, wenn in den Medien in den
letzten Wochen erklärt wurde, daß man nach dem angekündigten
endgültigen Verzicht auf Atomtests von Seiten Frankreichs auf
den Atollen entweder Feriendörfer oder
Umweltbeobachtungsstationen errichten wolle.
Am Dienstag, den 5.9.1995, um 22.30 MEZ ließ die französische
Regierung den ersten von ca. 8 geplanten Atomtests auf dem
Mururoa-Atoll durchführen. Die Bombe war unterirdisch gezündet
worden und hatte eine Sprengkraft von weniger als 20 Kilotonnen.
Nach der Explosion der Atombombe wurde Frankreich mit einer
Welle von Protesten überhäuft, wobei sich auffälligerweise die
Atommächte USA, Rußland, England, aber auch die deutsche
Regierung merklich zurückhielten, eine Tatsache, die von der
französischen Administration durchaus wohlwollend registriert
wurde. In der französischen Überseeprovinz Tahiti kam es in den
Tagen nach der Durchführung des Atomtests zu schweren Unruhen,
die Frankreich erst durch den Einsatz von aus Mururoa
herbeigeholten Fremdenlegionären beenden konnte.
Als eine der ersten Maßnahmen hatte sich der Nachfolger von F.
Mitterand im Amt des französischen Staatspräsidenten, J. Chirac
für eine Wiederaufnahme der unterirdischen Atomtests im
Südpazifik entschieden. Nach eigenem Bekunden sollten die
begrenzte Versuchsreihe Belege dafür liefern, daß in Zukunft die
Weiterentwicklung der Atomwaffen durch Simulationsanlagen im
Labor gewährleistet werden kann. Ob diese Ziele wirklich im
Vordergrund des französischen Vorhabens stehen, kann nach
Durchführung der ersten beiden Atomtests im Südpazifik ernsthaft
bestritten werden.
Die EU-Kommission prüfte in der Zwischenzeit, ob Frankreich
nicht gegen den seit 1957 in existierenden Euratom-Vertrag, da
besonders gegen die Artikel 34 und 35 verstoßen habe. Die
bestehenden Verträge bieten jedoch zu Zeit offensichtlich keine
rechtliche Handhabe, um die französischen Atomtests im
Südpazifik zu stoppen.
Daß die deutsche Politik sich auch unter einer außen-und
verteidigungspolitischen Perspektive mit den Atomtests der
Franzosen intensiv beschäftigen muß, machte eine Ankündigung der
französischen Regierung durch den Regierungschef A. Jupp‚
deutlich, daß man in Zukunft einen europäischen Atomschirm in
enger Kooperation mit Großbritannien auf ganz Europa, im
besonderen auf Deutschland ausdehnen könne. Zwar wird man die
taktische Stoßrichtung derartiger Verlautbarungen in der
aktuellen Diskussion nicht unterschätzen dürfen. Dennoch reicht
in einer ernsthaften politischen Auseinandersetzung der besorgte
Blick auf den Pazifik und das Schicksal der Atolle keineswegs
aus. Alle politischen Anstrengungen im außenpolitischen Bereich
sollten unternommen werden, daß endlich ein umfassender
Atomteststopp zustande kommt, die Weiterverbreitung von
Atomwaffen weltweit effizient verhindert wird und umfassende
Abrüstungsmaßnahmen in die Wege geleitet werden. Zudem ist
dringend notwendig, daß auch auf europäischer Ebene ein
gemeinsamer politischer Standpunkt gesucht wird.
Am Montag, den 2. Oktober 1990, 0.30 MEZ, führte Frankreich den
zweiten Atomwaffentest in diesem Jahr im Südpazifik durch. Im
Gegensatz zu dem ersten Atomwaffentest vor wenigen Wochen, der
auf dem Mururoa-Atoll stattfand, wurde die 2. Atombombe auf dem
ca. 40 Kilometer entfernten Fangataufa-Atoll gezündet.
Die Atombombe, die auf dem Fangataufa-Atoll getestet wurde, war
mit 110 Kilotonnen der viertstärkste Atomsprengsatz, den
Frankreich je gezündet hat. Während und nach der Sprengung
wurden im Südpazifik Erdstösse gemessen, die die Stärke von 5,9
auf der Richterskala aufwiesen.
Experten vermuten, daß der getestete TN (thermonucl‚aire) 75
AtomSprengkopf zur Bestückung der M-5 Raketen dienen kann, die
mit einer Reichweite von 6.000 Kilometem auf den französischen
Atom U-Booten stationiert werden sollen.
Wiederum sah sich Frankreich direkt nach der Durchführung des
Atomtests mit weltweiten Protesten konfrontiert, im besonderen
von Seiten der Regierungen von Australien, Neuseeland und Japan .
Eine neue Wendung in der aktuellen Diskussion über die
Auswirkungen der Tests auf die Südpazifik Atolle brachte ein
spektakuläre Artikel in der französischen Tageszeitung "L'monde"
(vgl. L'monde, Dienstag, 3. Okt. 1995 und L'monde, Mittwoch, 4.
Okt. 1995). Dort wurde eine französische Militärkarte aus dem
Jahre 1980 publiziert, auf der ersichtlich wird, daß schon vor
15 Jahren lange Risse den Basaltsockel des Mururoa-Atolls
durchzogen haben. Diese Risse waren anschließend mit
Zementfüllungen von den französischen Militärs verschlossen
worden. Dabei muß betont werden, daß bis 1980 erst 30
unterirdische Atomtests in Mururoa durchführt worden waren.
Heute beträgt die Zahl der durchgeführten Tests ca. 100. Auf
z.T. 3m breite Risse im Atoll hat auch im Jahre 1987 eine
Unterwasserexpedition unter der Leitung Jacques Cousteaus
hingewiesen. Ähnliche Informationen wurden Mitte Oktober von der
australischen Zeitschrift "Sydney Moming Herald" mitgeteilt.
Zudem wurde darauf hingewiesen, daß große Fischbestände infolge
der von den Franzosen ausgelösten Atomtests regelrecht
"zerrissen" worden seien.
Auf diese Artikel reagierten offizielle Regierungsstellen und
Regierungsmitglieder Frankreichs in aller Öffentlichkeit äußerst
gereizt. Die in L'monde veröffentlichte Karte wird als Fälschung
bezeichnet, der Zeitung gar mit rechtlichen Schritten gedroht.
Offensichtlich ist von französischer Seite erkannt worden, daß
die Belege, die die französische Zeitung vorgelegt hat, einen
Beweis dafür liefern, daß die Bedrohung der Atolle im Südpazifik
durch die Atomwaffentests doch weit größer ist, als dies die
französische Regierung der Weltöffentlichkeit Glauben machen
will.
Der Raum für Spekulationen ist in der Tat groß: Vor allem stellt
sich die Frage, ob eine Verlegung der Atomtests von Mururoa
nach Fangataufa auch mit Blick auf die offenkundig brüchige
Struktur des Mururoa-Atolls vorgenommen wurde.
Damit steht zu befürchten, daß bei weiteren Atomwaffentests auf
den Atollen Mururoa und Fangataufa Teile der Vulkansockel
aufgerissen werden können. Durch das im Vulkansockel von Mururoa
nach den französischen Atomwaffentests eingeschlossene
radioaktive Material ist das Atoll weltweit eine der größten
Lagerstätten. Ob überhaupt diese Lagerstätte für radioaktives
Material wasserdicht im wesentlichen abgeschlossen bleibt, kann
wohl niemand zur Zeit mit Sicherheit beantworten.
In der ersten Oktoberwochen wurden zudem Spekulationen in der
Öffentlichkeit laut, die andeuteten, daß möglicherweise die
aktuelle Erdbebenserie in verschiedenen Teilen der Erde mit den
Atomtests in Beziehung stehen könnte. Zwar ist es durchaus
denkbar, daß durch die Tests ausgelöste Kettenreaktionen
verschiedene Erdbeben nach sich ziehen können, ein
wissenschaftlicher Beleg dafür kann jedoch nicht erbracht werden.
Am 13. Oktober wurde der Friedensnobelpreis 1995 an die
sogenannte "Pugwash-Konferenz" verliehen, einer Konferenz von
Wissenschaftlern, die sich schon seit vielen Jahren gegen den
Atomkrieg engagiert hat. Dieses Engagement hat durch die
gegenwärtige Versuchsreihe der Franzosen besondere Aktualität
bekommen.
Zur ungefähr gleichen Zeit meldeten die Nachrichtenagenturen,
daß Frankreich angeblich den Bau von atomar bestückbaren
Marschflugkörpern als Ersatz für veraltete Atomraketen plant.
Diese Marschflugkörper könnten mit einer geplanten Reichweite
von 900 Kilometern von Kampfbombern abgeschossen werden.
Der dritte Atomtest im Südpazifik fand am Freitag, den 27.
Oktober 22.30 Uhr MEZ statt. Der Atomtest wurde diesmal wieder
im Mururoa-Atoll durchgeführt. Die Explosion mit der
Sprengkraft von 60 Kilotonnen Sprengstoff herkömmlichen TNT
löste Erdstösse mit der Stärke von 5,4 auf der Richterskala aus.
Der französische Präsident Chirac hat anschließend angekündigt,
daß die Franzosen bis zum Frühjahr 1996 statt der geplanten 8,
nur noch 3 weitere Atomtests durchführen werden.
Wie bei den vorhergehenden Atomtests so sollte auch dieser Test
nach offizieller französischer Darstellung dazu dienen, "in
Zukunft die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Waffen zu
garantieren".
Erneut sah sich die französische Regierung mit weltweiten
Protesten konfrontiert. In Paris überreichten dem Präsidenten in
Paris Greenpeaceaktivisten insgesamt 7 Millionen Unterschriften
von Atomtestgegnern aus aller Welt, die auf diese Weise ihren
Protest deutlich machen wollten.
Am 30. Oktober trat in Den Haag zum erstenmal der von der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der UN-Vollversammlung
eingesetzte Intemationale Gerichtshof zusammen, der darüber
befinden soll, ob die französischen Atomtests rechtmäßig sind.
Der 4. französische Atomtest wurde am 27. November 1995 um 22.30
MEZ, wiederum im Mururoa-Atoll, durchgeführt. Die Bombe hatte
nach den französischen Informationen eine Sprengkraft von 40
Kilotonnen herkömmlichen TNT. In der vorhergehenden Woche war
Frankreich durch eine UN-Resolution zum sofortigen Stopp
weiterer Atomtests aufgefordert worden. Die Tatsache, daß einige
Mitgliedstaaten für die Resolution gestimmt hatten, führte zu
Spannungen innerhalb der EU. Ein für die nächsten Tage geplantes
französischitalienisches Gipfeltreffen wurde abgesagt, ein
Treffen zwischen Chirac und dem belgischen Ministerpräsidenten
wurde verschoben.
Frankreich hat seinen EU-Partner mangelnde Loyalität
vorgeworfen. Deutschland, Spanien und Griechenland hatten sich
bei der Abstimmung über die EU-Resolution der Stimme enthalten,
Großbritannien als einziges EUMitglied hat das Vorgehen
Frankreichs ausdrücklich unterstützt. Das Verhalten der
deutschen UN Vertretung wurde anschließend von J. Chirac lobend
erwähnt.
Direkt nach der Durchführung des 4. Atomtests auf dem Mururoa
Atoll beriefen die Regierungen von Australien, Neuseeland und
Japan die jeweiligen französischen Botschafter ein und
überreichten Protestnoten. In Tahiti, dem Ort, in dem nach dem
ersten Atomtest heftige Unruhen ausgebrochen waren, gab es
diesmal offensichtlich keine Zwischenfälle.
Wenn man den Ankündigungen der Franzosen folgt, dann ist bis zum
Frühjahr 1996 noch mit 2 weiteren Atomtests zu rechnen. In
Zukunft, so die offizielle französische Darstellung, werde man
Atomexplosionen in Computern simulieren.
(bis Juni 1994 42 Atomtests, davon 23 oderirdische und
mindestens 19 unteridische Tests)
Lop Nor, Testgelände in der Wüste Gobi, ca. 265 Kilometer
südöstlich von Urumqi in der Region Xinjiang
China hat den ersten Atomwaffentest im Jahre 1964 und bis zum
Jahr 1980 oberirdische Explosionen durchgeführt. China verweist
vor allem darauf, daß ein Verzicht auf Atomwaffentests zur Zeit
nicht möglich sei, weil die technischen Möglichkeiten im
Vergleich zu den USA z.B. in China nicht ausreichen sollen, die
Tests umfassend mit Computern in den chinesischen Labors zu
simulieren.
Über die Folgen der Atomtests in China gibt es kaum
Informationen. Von daher kann man über Auswirkungen möglicher
Fallouts, die Zahl des an den Tests teilnehmenden Personal, über
Dosiswerte der Downwinds oder sog. "Ausbläser", die nach
unterirdischen Atomtests auftreten können, nur spekulieren. Das
Testgelände Lop Nor hat ungefähr die Größe der ehemaligen DDR
und ist nicht bewohnt.
Während der Tests soll es einmal Tote gegeben haben; in der
Umgebung des Testgeländes soll eine regelrechte Krebsepedemie
unter der Bevölkerung grassieren. Von Seiten der betroffenen
Bevölkerung soll es zudem Demonstrationen gegen die enorme
Zunahme von Krebserkrankungen gegeben haben; diese Proteste sind
von staatlicher Seite mit dem harten Eingreifen des Militärs
beendet worden. Wie in den meisten Testgebieten auf der Erde
ist auch in China von den Atomtests eine Minderheit besonders
betroffen, das in der Autonomen Region Xinjiang lebende Volk
der turkmenischen Uiguren.
Es gibt desweiteren auch Mutmaßungen über auf chinesische
Atomwaffentests zurückzuführende Fallouts in weit entfernten
Gegenden, z.B. in den USA in dem Jahr 1976.
(bis Juni 1992 1 Test)
Thar-Wüste, in Westindien in der Grenzregion zu Pakistan.
Indien gilt heute sicher als hochentwickelte Atomwaffenmacht mit
einer autarken atomaren Infrastruktur. Zudem muß man Indien in
eine höchst gefährliche und konfliktbelastete geopolitischen
Situation in direkter Nachbarschaft zu China und Pakistan
einordnen.
Im Jahre 1974 fand in Indien der erste und bislang einzige, wohl
unterirdische Atomwaffentest in der Thar-Wüste, in Westindien in
der Grenzregion zu Pakistan statt. Offiziell wurde dieser
Versuch jedoch als "friedlicher" Atomtest deklariert, der nicht
zur Erprobung und Entwicklung von Atomwaffen gedient habe. Über
den Verlauf des Tests und über Stärke und Art der getesteten
Bombe sind keine weiteren Informationen erhältlich.
Auch über die negativen Auswirkungen des Atomwaffentestes im
Jahre 1974 existieren keine verwertbaren Informationen. Ein
offenes Geheimnis stellen jedoch die bekanntgewordenen schweren,
wohl auf atomare Verseuchung zurückzuführenden Krankheiten in
der indischen Bevölkerung dar, die in der Nähe von Uran- und
Thoriumabbaugebieten und Reaktoren sowie anderer nuklearer
Anlagen lebt.
Seit 1990 kann man mit einiger Sicherheit davon ausgehen, daß
auch Pakistan über Atomwaffen verfügt. In der deutschen
Öffentlichkeit ist die Involvierung deutscher Firmen, hier
besonders die Hanauer Firma "Transnuklear" in
Atomwaffengeschäfte seit der Einsetzung eines
Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages hinreichend
bekannt.
Bezeichnenderweise in den Indischen Medien wurde mehrfach
behauptet, daß schon im Jahre 1983 Pakistan Atomwaffen getestet
habe. Zudem gibt es durchaus ernstzunehmende Gerüchte darüber,
daß Pakistan möglicherweise in Lop Nor in China Atomtests
durchgeführt haben könnte. Es ist also zum jetzigen Zeitpunkt
nicht möglich, mit Sicherheit festzustellen, ob Pakistan
überhaupt Atomtests durchgeführt hat. Experten halten es jedoch
für denkbar, daß mögliche pakistanische Tests nicht als derartige
wahrgenommen werden konnten bzw. als chinesische Tests
registriert wurden.
(und Israel, die in Sachen Atomwaffenentwicklung
zeitweise sehr eng zusammenarbeiteten)
Im Jahre 1993 gab der damalige Staatspräsident F.W. de Klerk
bekannt, daß Südafrika, das über wichtige Uranvorkommen verfügen
kann, seit 1974 an Atomwaffen gearbeitet habe und über 6
Sprengköpfe verfüge. Diese seien jedoch 1990 vemichtet worden.
Er bestritt zwar, daß Südafrika Atomwaffenversuche durchgeführt
hat; es giltjedoch weitgehend als sicher, daß 1979 von einem
US-Satelliten im Südatlantik, südwestlich des Kaps der Guten
Hoffnung, Signale aufgenommen wurden, die auf eine
Atomwaffenexplosion der Südafrikaner hinweisen könnten, und zwar
auf der zu Südafrika gehörigen Prince Edward Insel im Indischen
Ozean. Dieser Test könnte auch ein gemeinsamer Versuch von
Israel und Südafrika gewesen sein, der beiden Länder, die seit
den 70er Jahre eng in Sachen Entwicklung und Bau von Atomwaffen
zusammenarbeiteten.
Zudem gibt es Gerüchte über einen unterirdischen
Atomwaffenversuch der Südafrikaner in der Wüste Kalahari im
Jahre 1977. Es wird jedoch vermutet, daß der Versuch Südafrikas,
die Bombe zu zünden, fehlgeschlagen sei. Über die Motive der
Regierung de Klerk, diese "Selbstanklage" 1993 an die
Öffentlichkeit zu bringen, ist viel gerätselt worden: Zum einen
wird angenommen, daß der Druck der US Regierung die
Verantwortlichen in Johannisburg zum Handeln getrieben habe.
Wichtig aber ist auch der Versuch der damaligen Regierung,
Südafrika aus der auch ökonomischen weltweiten Isolation
herauszuführen. Es gibt jedoch auch ernstzunehmende Stimmen, die
darauf hinweisen, daß de Klerk bei einem wahrscheinlichen
künftigen Wahlsieg des ANC alles daransetzen wollte, zu
verhindern, daß Atomwaffen in "schwarze Hände" geraten könnten.
Eine besondere geopolitische Rolle im Nahen Osten in einer
äußerst kritischen strategischen Position macht eine kritische
Bewertung Israels in bezug auf die Atomwaffenstrategien
besonders schwierig. In zeitweiser Kooperation und Unterstützung
Frankreichs, der USA und Südafrikas verfügen die Israelis seit
den 60er Jahre über Atomwaffen. Im Jom-Kippur Krieg von 1973 war
die Gefahr akut, daß in dem Konflikt Atomwaffen eingesetzt
werden könnten. Auch im Golf-Krieg hatte Israel die
Atomwaffenanlagen in Alarmbereitschaft versetzt. Es gibt
Spekulation darüber, daß auch Israel Mitte der 60er Jahre in
einer Höhle in der Nähe der Grenze zu Ägypten eine kleine
Atombombe gezündet haben könnte.
Atomwaffentests dienen grundsätzlich zur Modernisierung und zur
Herstellung neuer Atom-Waffensysteme. Von daher ist ein
umfassender Atomteststopp für weitere Abrüstungsmaßnahmen
notwendige Voraussetzung. Es muß vor allem darauf geachtet
werden, daß die sogenannten Schwellenländer, d.h. die Staaten,
die atomwaffenfähiges Material besitzen oder aber herstellen
können, effektiv von einer Entwicklung von Atombomben abgehalten
werden. Auch in diesem Zusammenhang wäre ein umfassender
Atomwaffenteststopp ein wichtiges Signal. Schwellenländer sind
vor allem:
- der Iran, von dem schon vermutet wird, er habe in der
ehemaligen SU Atomwaffen gekauft
- der Irak, von dem nach dem Golfkrieg bekannt wurde, daß dieser
südlich der Hauptstadt Bagdad ein Atomtestgebiet ausgesucht
hatte und 1995 auch öffentlich zugab, im Zusammenhang mit der
Invasion in Kuwait an der Produktion von Kernwaffen gearbeitet
zu haben.
- Nordkorea, von dem Südkorea bisweilen angenommen hat, es
verfüge über Atomwaffen, zudem ist Nordkorea 1993 aus dem
Atomwaffensperrvertrag ausgetreten.
- Südkorea ist in der zivilen Nuklearentwicklung weit
fortgeschritten, und durchaus in der Lage, Atomwaffen zu bauen.
- Brasilien verfügt über kerntechnisches Know how und die
dazugehörige Ausrüstung, und hat auch schon zugegeben, an
Atomwaffen gearbeitet zu haben. Ein im Amazonas-Bundesstaat
vorbereiteter etwa 320 m tiefer Schacht, in dem eine Atomwaffe
gezündet werden sollte, wurde wieder zugeschüttet. Es wird
jedoch vermutet, daß Brasilien weiter an Atomwaffen arbeitet.
- Argentinien: Auch Argentinien verfügt über die technischen
Fähigkeiten zum Bau von Atomwaffen. Im Jahre 1982 im sogenannten
Falklandkrieg hatte Großbritannien nach der Zerstörung
britischer Kreuzer durch argentinische Raketen mit einem
Atomangriff auf die argentinische Stadt Cordoba gedroht.
- Desweiteren gibt es zum Teil durchweg sichere Hinweise darauf,
daß aktiv auch Algerien, Ägypten, Syrien, Libyen, Chile und
Taiwan mit dem Bau von Atomwaffen beschäftigt waren bzw. immer
noch sind.
Wenn man sich diese erschreckende Auflistung vor Augen hält und
dazu noch bedenkt, in wie vielen regionalen Konfliktgebieten
u.U. auch der Einsatz von Atomwaffen möglich ist, dann erscheint
es in der Bundesrepublik dringend geboten, in der politischen
Öffentlichkeit wieder verstärkt über die Rolle der
Bundesregierung und der deutschen Wirtschaft, bei der
Verbreitung von Geräten und Materialen nachzudenken, die zur
Nutzung von Atomkraft im weitesten Sinne angewendet werden
können. Im Prinzip hat die Bundesrepublik mit latenten Verstößen
gegen den Atomwaffensperrvertrag in der Vergangenheit eine
durchaus problematische Rolle gespielt. Diese Aufarbeitung wäre
ein aktiver und notwendiger Beitrag zur Verhinderung der
Verbreitung von Atomwaffen.
Vor allem das Beispiel Frankreich zeigt, daß auch in der
Bundesrepublik keinesfalls eine Idealisierung des Prinzips der
atomaren Abschreckung Platz greifen sollte. In einer sich
ständig verändemden Welt seit dem Ende des OstWest Konflikt
besteht die große Gefahr, daß vor allem in den zahlreichen
regionalen Konflikten besonders der Einsatz von sogenannten
"kleinen" Atomwaffen jederzeit denkbar erscheint.
Der Arzt und Friedensnobelpreisträger Albert Schweizer hatte'
schon, 1957 darauf hingewiesen, daß der einfachste Weg, das
Wettrüsten zu beenden, darin bestehe, alle Atomwaffentests
einzustellen. Dieser Hinweis ist heute noch grundsätzlich gültig.
Die Folgen für die Menschheit, Tiere und Pflanzen
- Atomwaffentests gehen auf Kosten der einheimischen
Bevölkerungen, besonders aber zu Lasten ethnischer Minderheiten:
Die Shoshone-Indianer in den USA, Kasachen in der ehemaligen
UdSSR, die Mikronesier und Polynesier im Südpazifik mußten in
der Vergangenheit unter Zwangsumsiedlungen, Zerstörung der
Gebiete und dem Leben in verseuchten Gebieten leiden. Zudem muß
man die tiefgreifenden Eingriffe in soziale, kulturelle und auch
ökonomische Strukturen dieser Bevölkerungsgruppen bedenken, die
zu einer ernstzunehmenden Gefährdung der Identität dieser
Gruppen führen.
- Bei vielen Atomwaffenversuchen mußten militärische Beobachter,
Soldaten und Bewohner den Tests beiwohnen. In Ost und West
wurden 100.000de von Menschen von ihren Regierungen absichtlich
immensen Strahlungen ausgesetzt. Soldaten und zivile
Testbeobachter sind bisweilen als Versuchspersonen mißbraucht
worden.
- Unabsichtlich, aber durchaus wissentlich, wurden Millionen von
Zivilpersonen auf der ganzen Welt radioaktiven Strahlungen
ausgesetzt. Die Folgen der "klassischen" oberirdischen Atomtests
waren vor allem strahlenbedingter Krebs, der häufig erst viele
Jahre nach der Durchführung der Atomwaffentests ausgebrochen
ist. Hinzu kommen eine Vielzahl von Fehl- und Todgeburten und
schwerwiegendsten Mißbildungen bei Neugeborenen.
Bedrohung der Umwelt
- Die nähere und weitere Umgebung der Atomtestgelände ist auf
viele Jahre radioaktiv verseucht worden. Besonders problematisch
ist auch die Tatsache, daß Grundwasser und Nahrungsmittel aus
dem Agrarsektor in diesen Gebieten zum Teil über alle Maßen hoch
radioaktiv belastet sind.
- Aus dem Vorhandensein von radioaktiven Substanzen in den
Weltmeeren resultiert eine immense Gefährdung des Lebens in den
Ozeanen. Ein Großteil der radioaktiven Verseuchung der Weltmeere
ist unmittelbar mit den Atomtests in der ganzen Welt in
Verbindung zu bringen.
Literaturangaben:
Anjan, J. Radioaktive Verseuchung auf den Marschall-Inseln, In:
Informationszentrum Dritte Welt, Freiburg, Die Militarisierung
des Pazifik, Freiburg im Breisgau/ Bochum 1986, 220-222.
Arkin, W. Nuclear Junkies: Those Lovable Little Bombs, The
Bulletin of Atomic Scienties, Juli/August 1993, 22-27.
Deisenroth, D. Der deutsche Atomwaffenverzicht, Wissenschaft und
Frieden 13, 1995, 10-13.
Delius, U. Tahiti - Französisch-Polynesien. Südseeparadies
unter dem Atompilz, hrsg. von der Gesellschaft für bedrohte
Völker, 3. Aufl. Göttingen/Wien 1986.
Fischer, S. Naussauer, 0. Satansfaust. Das nukleare Erbe der
Sowjetunion, Berlin-Weimar 1992.
Kreisel, W. Die pazifische Inselwelt, Darmstadt 1994 (=
Wissenschaftliche Länderkunde, Bd. 38).
Krosigk, E. von, Determinanten französischer Südpazifik-Politik.
Frankreichs Isolation im Südpazifik, Asien 21, 1986, 89-100.
Kubbig, B. W. Müller, H. Nuklearexport und Aufrüstung. Neue
Bedrohung und Friedensperspektiven, Frankfurt a.M. 1993.
Liebert, W. Wie weiter mit dem Nichtverbreitungsvertrag ?
Wissenschaft und Frieden 12, 1994, 57-64.
Liebert, W.; M. Kalinowski, Safeguards und Verifikation der
Nichtverbreitung von Kernwaffen, antimilitarismus information
(ami) Dezember 1994, 23-32.
Seager, J. Der Öko-Atlas. Neuausgabe Bonn 1995.
Streich, J. Die neuen Atommächte. Wer sie sind und was sie
wollen, Hamburg 1993.
Streich, J. Greenpeace-Report 1: Stoppt die Atomtests, Hamburg
1987.
Symour, M.H. Atommacht Israel. Das geheime
Vernichtungspotential im Nahen Osten, München 1991.


|