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1999-03-24

"Milosevic hat sich für Aggression entschieden"

US-Präsident Clinton begründet Nato-Angriff gegen Jugoslawien - Wortlaut seiner Fernsehansprache

Washington (AP)

Kurz nach Beginn der Nato-Luftangriffe gegen Jugoslawien hat sich US-Präsident Bill Clinton am Mittwoch abend an die amerikanische Öffentlichkeit gewandt. Im folgenden ein Wortlaut seiner Ansprache in einer inoffiziellen Übersetzung der Nachrichtenagentur AP:

«Guten Tag. US-Streitkräfte haben, zusammen mit unsern Verbündeten der Nato, mit Luftangriffen gegen Ziele des serbischen Militärs im früheren Jugoslawien begonnen. Ich will der Nation heute abend ausführlich erklären, warum diese Aktion notwendig ist, wollte aber jetzt schon ein paar Worte dazu sagen.

Wir und unsere Nato-Verbündeten haben diese Aktion erst nach umfangreichen und wiederholten Bemühungen unternommen, eine friedliche Lösung des Konflikts im Kosovo zu erreichen. Aber Präsident Milosevic, der im vergangenen Jahrzehnt schreckliche Kriege in Kroatien und Bosnien begann, hat sich für Aggression statt für Frieden entschieden. Er hat die Verpflichtungen verletzt, die er selbst im Herbst eingegangen ist, um die brutale Unterdrückung im Kosovo zu beenden. Er hat den ausbalancierten und fairen Friedensvertrag, den ihm unsere Verbündeten und Partner, darunter Rußland, im vergangenen Monat vorgelegt haben, zurückgewiesen, ein Friedensabkommen, daß die Kosovo-Albaner mutig akzeptiert haben. Statt dessen haben seine Streitkräfte ihre Angriffe verstärkt, kosovoalbanische Dörfer niedergebrannt und Zivilisten getötet.

Während ich spreche, dringen weitere serbische Truppen ins Kosovo ein, und mehr Menschen fliehen aus ihren Häusern - 60.000 allein in den vergangenen fünf Wochen, eine Viertelmillion insgesamt. Viele sind in Nachbarländer geflüchtet. Die Krise im Kosovo ist jetzt voll ausgebrochen. Und wenn wir nicht handeln, wird es auf jeden Fall noch schlimmer werden. Nur Standfestigkeit kann jetzt eine spätere größere Katastrophe verhindern.

Unsere Angriffe haben drei Ziele. Erstens, die Ernsthaftigkeit des Widerstands der Nato gegen Aggression und die Unterstützung des Bündnisses von Frieden zu demonstrieren. Zweitens, Präsident Milosevic davon abzuhalten, seine Angriffe gegen hilflose Zivilisten fortzusetzen, indem wir ihn einen Preis für diese Angriffe zahlen lassen. Und drittens, falls notwendig, die Fähigkeit Serbiens zu beeinträchtigen, den Krieg gegen Kosovo in der Zukunft fortzusetzen, indem wir seine militärischen Möglichkeiten reduzieren.

Wie ich dem amerikanischen Volk wiederholt gesagt habe, ist diese Aktion nicht ohne Risiko. Sie hat Risiken. Und ich bitte alle Amerikaner, für unsere Männer und Frauen in Uniform in der Region zu beten. Wie auch immer, ich bin zu dem Schluß gekommen, daß die Gefahren, jetzt zu handeln, geringer sind als die Risiken, die entstünden, wenn man jetzt nicht handeln würde: Die Risiken, daß noch viel mehr unschuldige Menschen sterben oder aus ihren Häusern vertrieben würden; die Risiken, daß der Konflikt andere Länder erfassen und destabilisieren würde.

Es wäre in jedem Fall sehr viel teurer und gefährlicher, dies später zu stoppen, als die jetzigen Bemühungen, es nicht weitergehen zu lassen. Am Ende des 20. Jahrhunderts, nach zwei Weltkriegen und einem kalten Krieg, haben unsere Verbündeten und wir die Chance, unseren Kindern ein friedliches, freies und stabiles Europa zu hinterlassen. Aber wir müssen, wir müssen jetzt handeln, um dies zu erreichen, denn wenn der Balkan erneut Schauplatz brutaler Kämpfe und einer Massenflucht wird, wird dieses Ziel unmöglich zu erreichen sein.

Mit unsern Verbündeten haben wir Diplomatie und militärischen Druck genutzt, um den Krieg in Bosnien zu beenden. Die jetzigen Probleme im benachbarten Kosovo setzen die Menschen in der Region erneut einem Risiko aus. Unsere Nato-Verbündeten unterstützen die Aktion einstimmig. Die USA müssen mit ihnen standhaft bleiben und gegen ethnische Gewalt und Grausamkeit eintreten. Unser Bündnis ist sich einig.

Und ich bin besonders dankbar für die Unterstützung, die wir im Kongreß erhalten haben von beiden Parteien. Ich werde in engem Kontakt mit dem Kongreß bleiben - ich habe mit den führenden Politikern heute gesprochen - und in engem Kontakt mit unsern Freunden und Verbündeten überall auf der Welt. Und ich werde später mehr dazu zu sagen haben. Danke.»




 




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