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Beiträge zur Geschichte  









Der Bürgerkrieg in Nordamerika

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm in den Vereinigten Staaten die fabrikmäßig produzierende Industrie, vor allem die Baumwollindustrie, einen raschen Aufschwung. Während es im Jahre 1805 in den Baumwollfabriken 4.500 Spindeln gab, waren es 1815 bereits 130.000 und 1860 5.200.000.>

Große Leistungen vollbrachten die Vereinigten Staaten im Maschinenbau. Standardisierte Mähmaschinen und andere landwirtschaftliche Maschinen von Mac Cormick (in den dreißiger und vierziger Jahren), eine Nähmaschine und andere wurden in der ganzen Welt bekannt.

Im Jahre 1860 waren in der Industrie von Nordamerika 1.300.000 Lohnarbeiter tätig. Im Jahre 1850 erreichte das Eisenbahnnetz der Vereinigten Staaten die größte Ausdehnung in der Welt. Sie betrug 15.000 km. Infolge der harten Ausbeutung, die in der amerikanischen Industrie herrschte, ließen sich viele Arbeiter in den westlichen Gebieten des Landes nieder. Viele Arbeiter und Bauern wanderten aus europäischen Ländern nach Amerika ein.

Allen voran in der industriellen Entwicklung marschierten die alten nordöstlichen Staaten, in denen die Sklaverei abgeschafft war. In diesen Staaten kamen auf einen Arbeiter, der in der Industrie tätig war, acht, die in der Landwirtschaft beschäftigt waren. In den nordwestlichen Staaten, deren Besiedlung rasch voranschritt, kamen auf einen Industriearbeiter 48 und im rückständigen Süden, wo noch die Sklaverei herrschte, 82 landwirtschaftliche Arbeiter.

Die Lage der Arbeiter

Die amerikanischen Arbeiter wurden schwer ausgebeutet. Der Arbeitstag dauerte 13­14 Stunden. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts lebten in den Textilgebieten des Nordostens die Arbeiterinnen in besonderen Kasernen unter strenger Aufsicht. In manchen Fabriken stellte man in den zwanziger und dreißiger Jahren nur solche Arbeiter ein, die mindestens 6 Kinder hatten; nahm ein Arbeiter sein Kind aus der Fabrik, um es zur Schule zu schicken, so wurde er entlassen.

Besonders schwer war die Lage vieler Auswanderer aus Europa, die kein Unterkommen fanden, keine Arbeit hatten und oft die Sprache nicht verstanden. Ebenso schwierig waren die Verhältnisse für die nicht zahlreichen freien schwarzen Arbeiter. Trotzdem über war die Lage der Arbeiter in Nordamerika doch etwas besser als in Europa, woraus sich die Auswanderung von dort nach Amerika erklärt.

Die Auswanderung nach Amerika

Die Möglichkeit, sich auf "freiem" Boden anzusiedeln, zog eine große Zahl von Auswanderern nach Amerika. Im ganzen sind vom Jahre 1787 an bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts aus Europa etwa 5 Millionen Menschen nach Amerika ausgewandert. (Von 1787­1914 etwa 35 Millionen.)

Die Kolonisation des Westens, die für die Industrie einen gewaltigen Markt schuf, beschleunigte die Entwicklung des Kapitalismus. Von den vierziger Jahren an beginnt in der Landwirtschaft die Benutzung von Mähmaschinen, Heumähern und anderen Maschinen. Rasche Ausbreitung fand die Verwendung der Lohnarbeit in der Landwirtschaft. Schon im Jahre 1860 kamen in den Vereinigten Staaten auf 1,4 Millionen Farmer mit eigenem Besitz 800.000 Tagelöhner.

Die Ausbreitung der Plantagenwirtschaft in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war infolge der Entwicklung der maschinellen Textilindustrie in Europa und in den Vereinigten Staaten von Amerika eine große und immer weiter steigende Nachfrage nach Baumwolle zu beobachten. Die Preise für Baumwolle standen hoch; der Baumwollanbau brachte Gewinn.

In den Südstaaten, in denen es viel fruchtbares Land gab, war es nutzbringender, Kapital in Baumwollplantagen anzulegen, wo schwarze Sklaven arbeiteten. Hier entwickelte sich eine Fabrikindustrie fast überhaupt nicht. Die Baumwollplantagen, auf denen schwarze Sklaven schwer bis zur Erschöpfung arbeiten mußten, breiteten sich aus. Immer neue Länder im Westen des Kontinents gingen zu solcher Plantagenwirtschaft über.

Wenn ein Pflanzer neue Sklaven brauchte, so konnte er sie kaufen, wie man Vieh oder irgendeine beliebige Sache kauft. Die Zeitungen waren voll von Anzeigen über den Verkauf von schwarzen Sklaven. Ein Beispiel dafür ist das Folgende: "Es werden vortreffliche Neger verkauft: eine junge Frau, die kochen, waschen und plätten kann, und ihre 4 Kinder, ein Knabe von 12 Jahren, einer von 9 Jahren, ein Mädchen von 5 Jahren, das zu nähen versteht, und ein Mädchen von 4 Jahren."

Obwohl die Einfuhr neuer Sklaven aus Afrika verboten war, führten die Schmuggler doch viele neue Sklaven in geheimen Kammern zwischen doppelten Schiffswänden und doppelten Decks ein. Oft erstickten die Sklaven dort und starben, Heine hat die Verfrachtung der unglücklichen Sklaven aus Afrika in seinem Gedicht "Das Sklavenschiff" beschrieben.

..Sechshundert Neger tauschte ich ein
Spottwohlfeil am Senegalflusse,
Das Fleisch ist hart, die Sehnen sind stramm,
Wie Eisen vom besten Gusse.
Ich hab' zum Tausche Branntwein,
Glasperlen und Stahlzeug gegeben.
Gewinn daran achthundert Prozent,
Bleibt mir die Hälfte am Leben."

Die Sklavenbesitzer behandelten die Sklaven sehr grausam. Um sie zu bestrafen, legte man ihnen Fußfesseln an und peitschte sie aus. Gewöhnlich starb ein Sklave schon nach acht­ bis zehnjähriger Arbeit auf den Plantagen.

Die Sklaven schritten mehrfach zu Aufständen. Eine besondere Bedeutung hatte der Aufstand des Nat Turner in Virginia im Jahre 1831. Da es den Sklaven aber an jeder Organisation und jedem Plan zur Durchführung ihres Unternehmens fehlte, war ihre Niederlage unvermeidlich. Nat Turner wurde zusammen mit zwanzig anderen Sklaven hingerichtet.

Seit den vierziger Jahren begannen die Abolitionisten, d. h. die Anhänger der Bestrebungen, die Sklaverei abzuschaffen (Farmer, Arbeiter und fortschrittliches Bürgertum) eine verstärkte Propaganda gegen die Sklavenhaltung und halfen den Schwarzen bei der Flucht aus den Plantagen. Die Abolitionisten organisierten eine sogenannte "unterirdische Eisenbahn", d. h. eine Kette von Geheimagenten (besonders aus Farmern), die den flüchtigen Sklaven eine Zufluchtsstätte boten und sie von einer Station zur anderen bis zur Grenze von Kanada geleiteten, wo ebenso wie in den anderen englischen Kolonien die Sklaverei seit 1833 als abgeschafft galt.

Im Jahre 1852 erschien das Buch "Onkel Toms Hütte" von Frau Harriet Beecher Stowe aus dem Staate Ohio, der unmittelbar an die Sklavenhalterstaaten des Südens grenzte. Sie schilderte unter Benutzung von Augenzeugenberichten und von Material aus Zeitungsartikeln mit erschütternder Eindringlichkeit die schrecklichen Qualen, die der Held ihres Werkes, der Schwarze "Onkel Tom" durch die Sklavenhalter erdulden mußte. In derselben Schrift schilderte Stowe in sentimentaler Weise die "braven" gottesfürchtigen Pflanzer, bei denen die Sklaven es doch im Grunde so gut hatten. Das Buch der Stowe erschien im ersten Jahre in 300.000 Exemplaren und spielte in der Propaganda gegen die Sklaverei eine bedeutende Rolle.

Die Besiedlung des Westens

Im 19. Jahrhundert kam es zu einer verstärkten Besiedlung des nordamerikanischen Festlandes. In der Mitte dieses Jahrhunderts erwarben die Vereinigten Staaten teils durch Kriege, teils durch Kauf das ganze Gebiet, das sich von den ursprünglichen 13 Staaten des Ostens bis zur Küste des Stillen Ozeans erstreckte.

Die Pflanzer siedelten in die westlichen Gebiete in Planwagen über, die mit Rindern bespannt waren. Ein Reisender, der sich mit sklavenhaltenden Pflanzern zusammen nach dem Westen begab, schrieb darüber: "Die Rodung der Wälder in diesem Lande ist nicht so leicht; dichtes Gesträuch, Disteln und Hagedorn bilden ein fast undurchdringliches lebendes Hindernis. Hierzu muß man auch die Schlangen, die Sumpfmoskitos und die Alligatoren rechnen. Letztere ... bereiten große Scherereien."

Zwei Ströme von Kolonisten bewegten sich nach dem Westen: reiche Pflanzer mit ihren Sklaven und Arme, die sich in den Besitz eines Stückchen Bodens setzen und eine eigene Wirtschaft aufbauen wollten. Die Übersiedlung eines armen Mannes nach den Westgebieten wird in folgender Weise geschildert: "Der Mann warf den Riemen über die Schulter und zog den Wagen, der Sohn half dem Vater. Die Frau saß auf dem Wagen und die Alte ging hinterdrein; sie trug das Gewehr und zog die Kuh hinter sich her."

Die Armen, die kein Geld zum Ankauf von Land besaßen, eigneten sich selbstherrlich ein Stück Land an. Es entstanden so im Westen ganze Niederlassungen dieser als Squatters bezeichneten Siedler. Die Squatters schlossen sich zu Gruppen zusammen und verteidigten die Ländereien, die sie dem Staat geraubt hatten, mit dem Gewehr in der Hand.

Im Süden bemächtigten sich bewaffnete Banden von Pflanzern des Landes und verwehrten es den Farmern, Land zu erwerben. Die Entdeckung von Gold in Kalifornien (1848) und das Steigen der Getreidepreise infolge des Krimkrieges (1853 bis 1856) trugen zur fortschreitenden Kolonisierung des Westens bei. Während 1850 1,4 Millionen Acres westlicher Ländereien verkauft wurden, waren es 1855 bereits 15 Millionen (1 Acre ist gleich 0,39 ha). Zu Anfang der fünfziger Jahre strebten jährlich mehr als 400.000 Auswanderer aus Europa nach Nordamerika.

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts gab es nur noch in den zentral gelegenen Teilen des Landes ungeheure Gebiete, die allein von Indianern besiedelt waren, Kansas und Nebraska. Im Jahre 1854 beschloß der Kongreß die Besiedlung von Nebraska und Kansas durch amerikanische Bürger.

Sofort wurde das ganze Gebiet von Kansas durch Tausende von Squatters besetzt. "Der Ansturm der Kolonisten auf Kalifornien bedeutet nichts im Vergleich zu dem Strom von Siedlern, der sich nach Kansas ergoß", hieß es damals in einem Bericht der Zeitung "New York Tribune".

Die Pflanzer wollten aus Kansas einen Sklavenhalterstaat machen, die Arbeiter, die Farmer und das Bürgertum aber verlangten das Verbot der Sklaverei in diesem Lande. Nach Durchführung des Gesetzes, durch das die Besiedlung von Kansas erlaubt wurde, begann dort ein bewaffneter Kampf zwischen den Sklavenhaltern und den Farmern, den "Anhängern eines freien Staates".

Es bildeten sich zwei örtliche Regierungen und zwei gesetzgebende Versammlungen, welche diese beiden Richtungen vertraten. Bewaffnete Banden von Sklavenhaltern zogen aus dem benachbarten Sklavenhalterstaat Missouri sowie aus den Sklavenhalterstaaten des "alten Südens" nach Kansas. Zu gleicher Zeit erfolgte die Mobilisierung der Gegner der Sklaverei, der Abolitionisten, im Norden.

So brachte der Gouverneur des Staates Pennsylvania, der Abolitionist Chase, den Antrag ein, fünf Regimenter auf Staatskosten aufzustellen und sie zum Kampf gegen die Sklavenhalter auf ein halbes Jahr nach Kansas zu senden. Da machte sich die Zentralregierung, die in den Händen der Plantagenbesitzer war, zum Beschützer der Sklavenhalter von Kansas. Der Präsident Pieree, der selbst ein großer Sklavenbesitzer war, verbot die Entsendung von Waffen und Verbänden nach Kansas und sandte reguläre Truppen und Artillerie dorthin. "In Kansas begegneten sich Leute, die einander fremd waren", 'so hieß es in dem Bericht einer Zeitung,' "nur mit Revolvern in der Hand. Die erste Begrüßung erfolgte mit der immer wiederkehrenden Frage: 'Für einen freien Staat oder für Sklaverei ?' Oft war die Antwort ein Schuß."

Nach langem und erbittertem Partisanenkriege waren die Farmer von Kansas gezwungen, sich den Sklavenhaltern zu fügen, die durch die Truppen der Zentralregierung unterstützt wurden.

Der Aufstand des John Brown

Im Jahre 1859 griff der bewaffnete Aufstand nach Virginia über. Hier versuchte der Farmer John Brown einen Sklavenaufstand herbeizuführen. Er machte den Vorschlag, im Alleghany­Gebirge Befestigungen anzulegen und von dort den Aufstand der Sklaven ausgehen zu lassen. An einem regnerischen und trüben Abend gelang es Brown, das Regierungsarsenal in der kleinen Stadt Harpers Ferry an der Grenze von Virginia und Maryland in Besitz zu nehmen. Die ganze bewaffnete Schar Browns bestand aus 23 Mann einschließlich seiner Person, seiner drei Söhne und zweier Schwäger. (Zwei Söhne hatte er bei den Partisanenkämpfen in Kansas verloren.) In dieser Schar befanden sich auch fünf Schwarze. Sogleich sandte Brown einige Leute aus, ­um die Sklaven aus den benachbarten Plantagen zu befreien und Sklavenhalter als Geiseln festzunehmen.

Es gelang ihm aber nicht, einen allgemeinen Aufstand zuwege zu bringen. Am Abend des nächsten Tages trafen aus der Hauptstadt (Washington) Truppen ein, und die Abteilung Browns wurde fast völlig aufgerieben. Der schwerverwundete Brown wurde verhaftet, auf einer Bahre vor Gericht gebracht und durch ein "demokratisches" amerikanisches Gericht zum Tode durch Erhängen verurteilt.

"Ich, John Brown, bin völlig davon überzeugt, daß nur Blut das große Verbrechen dieses sündigen Landes abwaschen wird", schrieb der mannhafte Brown am Vorabend seiner Hinrichtung über die Sklaverei. Browns Beispiel führte zu einer Reihe von Sklavenaufständen an anderen Stellen.

Die Entstehung der republikanischen Partei

Marx hat darauf hingewiesen, daß die "Raufereien" in Kansas der Anfang des Bürgerkrieges in den Vereinigten Staaten seien. Während des Kampfes in Kansas bildete sich im Jahre 1854 eine neue republikanische Partei, die Partei des Blocks (Bundes) von Industriebürgertum und Farmern. Dieser Partei schlossen sich auch die Arbeiter an.

Die Führung dieser Partei hatte das Bürgertum. Die fortschrittlichen Kreise des Bürgertums standen der Sklaverei ablehnend gegenüber, da der sklavenhaltende Süden fast gar keine Industriewaren konsumierte und daher bei weiterer Erhaltung der Sklaverei die Gefahr bestand, daß das ganze Land hinter den anderen kapitalistischen Ländern in seiner Entwicklung zurückbleiben würde.

Andere Schichten des Bürgertums hingegen, wie z. B. die Textilfabrikanten des Nordens, fürchteten einen Bruch mit dem Süden. Denn dieser würde, wegen der Unterbrechung der Zufuhr von Baumwolle aus dem Süden, einen Stillstand ihrer Fabriken zur Folge haben. Außerdem waren die sklavenhaltenden Plantagenbesitzer den Handels­ und Industriefirmen des Nordens große Summen schuldig, weshalb das Bürgertum des Nordens fürchten mußte, im Kriegsfalle diese Gelder zu verlieren.

Die republikanische Partei forderte die Erschließung aller Ländereien des Westens zur unentgeltlichen Besiedlung mit Farmern sowie die Einschränkung und spätere Abschaffung der Sklaverei. Im Jahre 1855 erhielten die Republikaner im Repräsentantenhause die Mehrheit. Ein angesehener Politiker dieser Partei war Abraham Lincoln.

Abraham Lincoln (1809­1865) wurde in Kentucky als Sohn einer armen Farmer und Siedlerfamilie geboren. Sein Vater konnte nicht einmal lesen.

In der Nachbarschaft wohnte ein reicher sklavenhaltender Plantagenbesitzer. Er konnte die Familie Lincoln nicht leiden, weil sie mit Schwarzen freundschaftlichen Umgang hatte; er begann sie zu verfolgen. Lincolns Vater mußte die Farm verkaufen und sich im Westen neu ansiedeln. Der junge Abraham wurde seinem Vater ein unersetzlicher Helfer, er war ein ausgezeichneter Arbeiter, dessen große Kräfte allgemein bekannt waren. In der ganzen Umgebung gab es keinen Menschen, der ein Beil so lief in einen Baum hätte schlagen können wie Abraham.

In der Jugend wechselte er oft seinen Beruf; er arbeitete als Handlungsgehilfe in einem Ladengeschäft und als Flößer von Frachten auf den Flößen des Mississippi.

Da sich Lincoln in weitem Umkreise Achtung erworben hatte, wurde er zum Postmeister gewählt. Sein neues Amt benutzte er, um sich auf die Ablegung der Rechtsanwaltsprüfung vorzubereiten. 1848 wurde er zum Mitglied des Kongresses gewählt. Im Jahre 1856 verfolgte das ganze Land mit angespannter Aufmerksamkeit die glänzenden Reden Lincolns gegen Douglas, den Vertreter derjenigen Richtung, die für die Beibehaltung der Sklaverei eintrat.

Der Aufstand in den Sklavenhalterstaaten des Südens

Im Jahre 1860 trat die Republikanische Partei zu den Präsidentschaftswahlen an. Als ihr Kandidat wurde Lincoln zum Präsidenten gewählt. Im Repräsentantenhause hatten die Republikaner die Mehrheit schon im Jahre 1855 während des Kampfes in Kansas erlangt. Jetzt verloren die Sklavenbesitzer ihre Vorherrschaft im Kongreß zugunsten des Bürgertums. Auf die Wahl Lincolns zum Präsidenten antworteten die Sklavenbesitzer des Südens mit einem Aufstande.

Am 20. Dezember 1860 erklärte der Südstaat Carolina, daß er aus dem Bunde ausscheide, und bis zum 4. Februar 1861 traten noch 5 Sklavenhalterstaaten des Südens aus dem Bunde aus. An diesem Tage bildeten die Sklavenbesitzer, die sich zu einem Kongreß in Montgomery versammelt hatten, eine eigene Regierung und wählten einen Großplantagenbesitzer aus dem Staate Mississippi, den Oberst Davis, zum Präsidenten.

"Der Eckstein unserer neuen Regierung", erklärte der Vizepräsident der Konföderation (so nannte sich die Vereinigung der Staaten, die sich von den Nordstaaten losgelöst hatten), auf dem Kongreß der Rebellen, "ist die feste Überzeugung, daß der Schwarze dem Weißen nicht gleichzustellen ist, daß die Sklaverei, die Unterwerfung unter die höhere Rasse, ein allgemein gültiger und normaler Zustand für die Schwarzen ist."

In diesem Augenblicke gab es also in Nordamerika zwei Präsidenten, zwei "Weiße Häuser", zwei Kongresse und zwei Heere, da eine der ersten Maßnahmen des Kongresses der Südstaaten der Beschluß war, ein Heer von 100.000 Mann aufzustellen. Der Krieg begann.

In den Nordstaaten hatte die Industrie eine gewisse Höhe der Entwicklung erreicht; es bestand dort ein dichtes Eisenbahnnetz. Dort lebte eine Bevölkerung von 22 Millionen. Die Bevölkerung des Südens betrug 9 Millionen Menschen, von denen 3,5 Millionen Sklaven waren. Hier war die Industrie äußerst schwach. Die Sklavenbesitzer des Südens wußten, daß sie die Nordstaaten in einem sich lange hinziehenden Kampfe nicht besiegen könnten. Ihre ganze Rechnung zielte darauf ab, die Unterstützung intervenierender auswärtiger Staaten, wie Englands und Frankreichs, zu erlangen. England und Frankreich wären wohl auch froh gewesen, wenn sie ihren Rivalen, die industrialisierten Staaten des Nordens hätten zertrümmern und Amerika zu ihrer Kolonie machen können. Die englische Regierung war bereit zu intervenieren. Man hatte schon Truppen in das an die Vereinigten Staaten angrenzende Kanada geschickt. Die englischen Arbeiter jedoch veranstalteten (auf die Initiative von Marx hin) eine Reihe von eindrucksvollen Protestkundgebungen und machten die Intervention zunichte. So blieb Frankreich isoliert und verzichtete darauf, etwas zu unternehmen.

Die Südstaaten hätten zweimal beinahe die Hauptstadt erobert, aber den Nordstaaten gelang es doch, die Angreifer zurückzuschlagen. Sie faßten den Plan, die Südstaaten einzukreisen. (Der Plan der "würgenden Einkreisung".) Marx und Engels wiesen in ihren Artikeln darauf hin, daß dieser Plan zur Erfolglosigkeit verurteilt sei, daß man, um den Sieg zu erringen, dem Gegner tief in den Rücken fallen müsse, um die Haupteisenbahnverbindungen im Staate Georgia zu durchschneiden. Marx und Engels meinten, daß die Nordstaaten zur ErIangung des Sieges revolutionäre Maßnahmen ergreifen müßten und vor allem die Sklaverei abschaffen sollten. Der Gang der Ereignisse zwang die Nordstaaten, diesen Weg zu beschreiten, den Marx und Engels von Anfang an vorgeschlagen hatten.

Der Norden führte einen revolutionären Volkskrieg, und dies sicherte ihm den Sieg über den Süden.

Der Übergang zum Krieg mit revolutionären Mitteln

Ein Umschwung trat im Kriege ein, als die Regierung der Nordstaaten entscheidende Maßnahmen ergriff. Präsident Abraham Lincoln. verkündete unter dem Druck der Massen das Gesetz über die Homestead, d. h. über die unentgeltliche Abgabe von Land aus dem riesigen Fond der Ländereien, die sich noch in niemandes Besitze befanden, und zwar an alle, die bereit waren, dieses Land zu bearbeiten. (Homestead war ein Landanteil, den von 1862 an jeder Bürger der USA. erhalten konnte, der sich nicht am Aufruhr gegen den Bund beteiligt hatte. Hierfür waren 10 Dollar als Registergebühr zu zahlen. Nach fünf Jahren wurde das Land volles Eigentum des Besitzers.) Die Sklaverei wurde abgeschafft.

186.000 Schwarze, gestern noch Sklaven, traten nunmehr in das Heer und in die Flotte ein. Gegen die Gegenrevolutionäre wurden entscheidende Maßnahmen ergriffen. Man säuberte das Heer von gegenrevolutionären und zweifelhaften Elementen. Die Arbeiter stellten besondere Regimenter und Kompanien von Industriearbeitern (Druckern, Bauarbeitern) auf. Auch die Einwanderer unter den Arbeitern bildeten je nach ihrer Nationalität besondere Regimenter. Die Arbeiterregimenter wählten sich ihre Befehlshaber selbst, unter denen sich nicht wenige Sozialisten befanden. Zu den Kommandeuren gehörte z. B. der deutsche Kommunist Weydemeyer, ein Freund von Marx. Die Arbeiterregimenter des Generals Grant und besonders des Generals Sherman waren die besten Truppen und errangen entscheidende Siege an den Fronten. Die Truppen des Nordens kämpften mit Begeisterung und trugen den Sieg davon. Dazu zeigte sich im Verlaufe des Krieges die erdrückende industrielle Überlegenheit der Nordstaaten. Im Jahre 1864 vernichtete General Sherman alles, was ihm auf seinem Wege Widerstand leistete, brach in den Rücken des Gegners ein, besetzte den Staat Georgia und durchschnitt die Haupteisenbahnlinien des Südens.

Die Soldaten Shermans marschierten unter dem Gesange des Liedes "Der Geist John Browns führt uns vorwärts". Das Heer rückte in vier parallelen Säulen auf vier Straßen vor und vernichtete alles auf seinem Wege. Telegraphenstangen waren umgelegt, Eisenbahnen zerstört und Brücken in Brand gesetzt worden. Sherman rechnete mit den Plantagenbesitzern und dem Teil der Bevölkerung, der sie unterstützte, überall rücksichtslos ab und gab den Sklaven die Freiheit. Dabei wurde unter den Truppen Shermans die strengste Disziplin gewahrt. "Ich habe niemals etwas über einen Fall von Mord oder Plünderung gehört", konnte Sherman erklären.

Nachdem der Vormarsch am 16. November begonnen hatte, telegraphierte Sherman am 21. Dezember an Lincoln, daß er den Ozean erreicht habe. Etwa im März 1865 hatte sich Sherman fast ganz Süd­Carolinas bemächtigt und setzte seinen Marsch nach Norden fort.

Der Sieg des Nordens (Frühjahr 1865)

Während Sherman lief in den Rücken des Gegners drang, belagerte Grant Richmond, die Hauptstadt der konföderierten Staaten. Am 3. April 1865 wurde die Stadt genommen, und nach sechs Tagen ergab sich der Höchstkommandierende der Südtruppen, General Lee, in Appomattox General Grant mit den Resten seines Heeres, 28.000 Mann. Grant verhielt sich Lee gegenüber äußerst großmütig: er ließ ihm seine Waffen, gestattete den Soldaten Lees, ihre Pferde in die Gefangenschaft mitzunehmen, und gab ihm Verpflegung für fünf Marschtage.

Die Ermordung Lincolns (14. April l865)

In allen Staaten des Nordens wurden aus Anlaß des Sieges rauschende Feste gefeiert. Jede Vorsicht dem besiegten Feinde gegenüber wurde außer acht gelassen. Am 14. April, fünf Tage nach der Kapitulation Lees, und genau vier Jahre nach Beginn des Bürgerkrieges, wurde Lincoln ­während einer Festvorstellung in Washington in seiner Loge ermordet.

Sein Mörder war der Schauspieler Booth, der von den Sklavenhaltern des Südens und dem Großbürgertum des Nordens gedungen war. Am gleichen Abend wurde Seward, der nächste Mitarbeiter Lincolns, der wegen Krankheit zu Hause geblieben war, bei einem Mordanschlag schwer verwundet.

Die Bedeutung des Bürgerkrieges in Nordamerika

Die erste Folge des Sieges der Nordstaaten im Bürgerkrieg war die Wiederherstellung des Bundes; aber nicht die sklavenhaltenden Plantagenbesitzer hatten jetzt die politische Vorherrschaft im Bunde inne, sondern das reiche Bürgertum aus dem Norden und Westen.

Den Schwarzen der Südstaaten brachte der Bürgerkrieg nicht die wirkliche Befreiung. Die aus der Sklaverei befreiten Schwarzen, die jedoch kein Land erhielten, waren gezwungen, auf den Feldern ihrer früheren Herren als Tagelöhner oder Pächter zu arbeiten. Die frühere Ausbeutung durch die Leibeigenschaft wurde von einer neuen, kapitalistischen Ausbeutung abgelöst, die sich mit den Überresten der früheren Sklaverei verband. Das frühere System aber, die Plantagen mit Sklaven zu bewirtschaften, war vernichtet.

Der Sieg des Nordens hatte auch für die Arbeiterbewegung Bedeutung. Während des Bürgerkrieges waren in rascher Folge eine Reihe von Gewerkschaftsorganisationen entstanden. Nach Beendigung des Krieges erkämpften die Arbeiter in den einzelnen Staaten die ersten Gesetze über den achtstündigen Arbeitstag. Im Jahre 1866 wurde der "Nationale Arbeiterverband" organisiert, an dessen Spitze W. Silvis trat, der mit Marx im Briefwechsel stand.

Den Farmern brachte der Bürgerkrieg das Gesetz über die Homesteads und beseitigte damit die Gefahr, daß ihre Ländereien im Westen den Sklavenhaltern in die Hände fielen. Im Zusammenhang damit nahm nach dem Bürgerkriege die Umschichtung des Farmerstandes zu. Es schied sich ein Großbauerntum ab, und auf der anderen Seite verarmte die große Masse der Farmer und vermehrte die Reihen der Tagelöhner. Die große Masse der Farmer bekam die schlimmste Not der kapitalistischen Ausbeutung zu spüren.

Mit der Beendigung des Bürgerkrieges, der die Beseitigung der Sklaverei und den Beginn der unentgeltlichen Landverteilung im Westen gebracht hatte, machte die Entwicklung des Kapitalismus in den Vereinigten Staaten raschere Fortschritte als in jedem anderen Lande. 30­40 Jahre nach dem Ende des Bürgerkrieges überholten die Vereinigten Staaten England und wurden das erste Industrieland der Welt.



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