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Auf Einladung des Präsidenten im Rat der Europäischen Union, Bundesaußenminister Dr. Klaus Kinkel, fand am 5. und 6. September 1994 die erste Konferenz der Außenminister der 12 Staaten der Europäischen Union mit den Außenministern der 1 1 Staaten des Südlichen Afrika (SADC) statt. Die vier EU-Beitrittsländer Finnland, Norwegen, Österreich und Schweden nahmen an der Ministerkonferenz als aktive Beobachter teil. Erklärung der Ministerkonferenz Die Außenminister der Staaten der Europäischen Union und der Staaten des Südlichen Afrika (SADC) haben zum Ab- schluß der Ministerkonferenz am 6. September 1994 in Berlin folgende Erklärung verabschiedet: PRÄAMBEL 1. Die Europäische Union und die Southern African Develop- ment Community (SADC): - unter Bekräftigung der universellen Werte und Ideale, de- nen sich ihre Völker und Regierungen gemeinsam ver- pflichtet fühlen und die in der Achtung der Menschenwürde zum Ausdruck kommen, - in der Überzeugung, daß der Schutz und die Förderung der Menschenrechte ein Grundpfeiler demokratischer Gesell- schaften sind und daß die tatsächliche Ausübung der Men- schenrechte und Grundfreiheiten ein legitimes Anliegen der intemationalen Gemeinschaft und von dem Streben nach Frieden und Sicherheit in der Welt nicht zu trennen ist, - unter Hinweis darauf, daß sie sich zum Aufbau bzw. zur Festigung und Stärkung demokratischer Institutionen auf der Grundlage der Verantwortlichkeit, der Transparenz, der guten Regierungsführung sowie der Rechtsstaatlichkeit ver- pflichtet haben, - in der Erkenntnis, daß Frieden und Sicherheit wesentliche Voraussetzungen für die nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung sind, - eingedenk der historischen, politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Bindungen zwischen Europa und der Re- gion Südliches Afrika, - unter Hinweis auf die seit langem bestehende Zusammenar- beit zwischen beiden Regionen, die in bilateralen und multi- lateralen Abkommen, insbesondere dem Abkommen von Lomé, zum Ausdruck kommt, - mit großer Genugtuung das Ende der Apartheid in Südafrika und den erfolgreichen Übergang zur Mehr-Parteien-Demo- kratie in der Region mit den sich daraus ergebenden neuen Perspektiven für das Südliche Afrika zur Kenntnis neh- mend, - eingedenk des fortschreitenden Friedensprozesses in Ango- la und Mozambik und in Bestätigung ihrer Zusage den Übergang zur Mehr-Parteien-Demokratie in diesen Staaten zu unterstützen, - von dem Wunsch geleitet, den nationalen Wiederaufbau, die regionale Zusammenarbeit und die Integration im Südlichen Afrika zu fördern, - in der Erkenntnis, daß in einer engeren Zusammenarbeit für die Region Südliches Afrika ein erhebliches Entwicklungs- potential liegt - haben beschlossen, in einen umfassenden Dialog einzutreten, um die Entwicklung der Beziehungen zwischen den beiden Regionen unter Berücksichtigung anderer bilateraler und mul- tilateraler Vereinbarungen und unbeschadet des Abkommens von Lomé zu fördern. ALLGEMEINE ZIELE 2. Die Europäische Union und die SADC erklären in aller Form, daß sie entschlossen sind, ihre Beziehung zu intensivie- ren und einen umfassenden Dialog einzurichten mit dem Ziel, - gemeinsam in den verschiedenen Foren die Ziele und Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen zu unter- stützen; - sich für Demokratie auf allen Ebenen, Rechtsstaatlichkeit, Achtung der Menschenrechte und Minderheitenschutz ein- zusetzen, soziale Gerechtigkeit und gute Regierungsführung zu fördern und gemeinsam darauf hinzuarbeiten, die Vor- aussetzungen zu schaffen für die Beseitigung der Armut und aller Formen von Diskriminierung auf Grund von Rasse, politischen Überzeugungen, Religion, Kultur, Sprache und Geschlecht; - die Abrüstung zu fördern und sich insbesondere den Be- mühungen um Beschränkung des Waffenexports nach Gebieten, in denen solche Exporte einen Konflikt verschär- fen könnten, anzuschließen; - sich für eine offene, zunehmend produktive, gerechte Welt- wirtschaft einzusetzen und in diesem Zusammenhang die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Handels mit und in der Region Südliches Afrika zu fördern, um deren wirtschaft- liche Entwicklung voranzutreiben; - die Inlands- und die Auslandsinvestitionen in den produkti- ven Wirtschaftszweigen insbesondere der Verarbeitung und Fertigung in der Region Südliches Afrika zu fördern und zu erleichtern, um die wirtschaftliche Entwicklung der Region voranzutreiben; - eine Politik des nachhaltigen wirtschaftlichen Wachstums zum gegenseitigen Nutzen der Bevölkerung in der Region Südliches Afrika zu fördern und die in dieser Region begon- nenen Wirtschaftsreformen zu unterstützen; - eine harmonische Wirtschaftsentwicklung durch umweltbe- wußtes und langfristig angelegtes Management des mensch- lichen Potentials und der natürlichen Ressourcen zu fördern; - die interregionale Zusammenarbeit durch die Pflege von Kontakten in den Bereichen Kultur, Erziehung und Wis- senschaft, Sport, soziale und kulturelle Aktivitäten zu för- dern sowie - die notwendige Förderung der SADC-Grundsätze der Ge- rechtigkeit, der Ausgewogenheit und des gegenseitigen Nut- zens in der Region Südliches Afrika im Auge zu behalten. BEREICHE DER ZUSAMMENARBEIT 3. Politischer Dialog Der politische Dialog zwischen der Europäischen Union und den Staaten der Region Südliches Afrika wird im Rahmen eines regelmäßigen Gedankenaustauschs über allgemeine außenpolitische Themen, insbesondere im Hinblick auf die Förderung von Frieden und langfristiger Stabilität in der Region Südliches Afrika erfolgen. 4. Regionale Integration Die Europäische Union bietet an, die Erfahrungen auf dem Gebiet der regionalen Integration auszutauschen und die SADC in dieser Hinsicht unter anderem durch Austausch von Personal, Schulung, Unterstützung und Beratung in Organisa- tionsfragen zu unterstützen. 5. Zusammenarbeit in Handel und Wirtschaft Die Teilnehmer verpflichten sich, die Zusammenarbeit im Handel mit und in der Region Südliches Afrika zu fördern, um deren wirtschaftliche Entwicklung unter voller Beachtung der Ergebnisse der Uruguay-Runde des GATT und unbeschadet des Abkommens von Lomé zu unterstützen. In diesem Zusammenhang fördern die Teilnehmer den Aufbau einer langfristigen engeren wirtschaftlichen Zusammenarbeit im Südlichen Afrika. Die Teilnehmer nehmen Kenntnis von den grenzüberschrei- tenden Initiativen zur Erleichterung des Zahlungsverkehrs und von Investitionen innerhalb der Region im Interesse eines stärkeren wirtschaftlichen Zusammenhalts in der Region Süd- liches Afrika und begrüßen diese Initiativen. 6. Private Investitionen, kleine und mittlere Unternehmen und Förderung der Privatwirtschaft Die Teilnehmer erkennen an, daß private Investitionen aus dem In- und Ausland und die Privatwirtschaft bei der Förde- rung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der Region Südliches Afrika eine Schlüsselrolle spielen. Besonde- res Schwergewicht sollte dabei auf die Entwicklung der klei- nen und mittleren Unternehmen gelegt werden. Die Teilnehmer heben hervor, daß für Investitionen aus dem In- und Ausland neben politischer Stabilität ein günstiges Investitionsklima durch Entwicklung und Ausbau marktwirt- schaftlicher Strukturen, die Beseitigung bürokratischer Hin- dernisse und Rechtssicherheit Grundbedingungen sind. Des- halb verpflichten sich die Unterzeichner, sich dafür einzuset- zen, daß zwischen den Mitgliedstaaten der EU und den SADC-Mitgliedstaaten bilaterale Abkommen über Investi- tionsschutz geschlossen werden. 7. Entwicklungszusammenarbeit Die Teilnehmer erklären ihre Absicht, die Planung und Durch- führung regionaler Entwicklungsprogramme und -projekte auf Gebieten wie etwa Verkehr und Kommunikation, Energie, Handelsförderung, Schutz des Viehbestands, Linderung der Armut, Demographie und soziale Entwicklung, Ernährungs- sicherheit, Erziehung, Ausbildung und Gesundheit eng zu koordinieren. Sie weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, daß nach den Artikeln 157 und 164 des Vierten Abkommens von Lomé auch benachbarte Nicht-AKP-Länder in Projekte der regionalen Zusammenarbeit einbezogen werden können. Die Teilnehmer weisen nochmals auf die diesbezügliche Be- deutung der Koordinationsfunktion der Kommission der Euro- päischen Gemeinschaften und des SADC-Sekretariats hin. Was die obenerwähnten Bereiche der Zusammenarbeit anbe- langt, so haben die Teilnehmer insbesondere folgendes ver- einbart: - Verkehr und Kommunikation Die Teilnehmer verweisen nochmals auf die Bedeutung einer erweiterten Zusammenarbeit im Bereich Verkehr und Kommunikation in der Region Südliches Afrika als einem wichtigen Instrument zur Förderung von Investitionen und wirtschaftlichem Wachstum. - Energie Die Teilnehmer weisen erneut auf die Schlüsselrolle hin, die die Zusammenarbeit im Energiebereich mit und in der Region Südliches Afrika bei der Förderung der wirtschaft- lichen Entwicklung dieser Region spielen kann. - Erziehung und Ausbildung Die Teilnehmer weisen erneut auf die Bedeutung von Aus- bildung und Erziehung für die Gesamtentwicklung des Südlichen Afrika hin, Sie heben dabei ihre ständige Unter- stützung in diesem Bereich hervor. Sie betonen insbesonde- re die Bedeutung fortgesetzter und zunehmend intensiver Programme im Bereich der Berufsausbildung und der öffentlichen Verwaltung. - Gesundheit Die Teilnehmer vereinbaren, daß die medizinische Grund- versorgung und die Bekämpfung schwerer Krankheiten wie Aids und endemische Tropenkrankheiten wichtige Bereiche der Koordination sind. Sie erkennen deshalb an, daß die koordinierten Bemühungen zur Bekämpfung dieser Krank- heiten der vollen Unterstützung durch die Europäische Union und die Staaten des Südlichen Afrika bedürfen. - Nahrung und Landwirtschaft Die Teilnehmer erkennen an, daß die Landwirtschaft weiter- hin die wichtigste Grundlage der Volkswirtschaften der meisten Mitgliedstaaten der SADC bildet. Außerdem räumen sie ein, daß die Ernährungssicherheit von einer langfristig umweltverträglichen Landwirtschaft abhängig ist. Sie verpflichten sich deshalb, ihre Zusammenarbeit auf diesem Gebiet zu verstärken. - Bergbau Die Teilnehmer erkennen an, daß der Bergbau für die meisten SADC-Mitgliedstaaten ein Schlüsselsektor ist. Sie erkennen ferner an, daß bei der Exploration, der Aufberei- tung und der Fertigung von Grubenausrüstung umfangrei- che Möglichkeiten für eine enge regionale Zusammenarbeit bestehen. Sie kommen daher überein, die Zusammenarbeit auf diesem Gebiet zum gegenseitigen Nutzen zu fördern. 8. Natürliche Ressourcen und Umwelt Die Teilnehmer erkennen die Bedeutung der globalen Umwelt und der Erhaltung der natürlichen Ressourcen an. Die Europäische Union sagt zu, die Bemühungen des Süd- lichen Afrika etwa in folgenden Bereichen zu unterstützen: - Bekämpfung der Wüstenbildung und der Bodenerosion, - wirtschaftliche Nutzung der Wasserressourcen, - langfristig umweltverträgliche Landwirtschaft, - Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen. 9. Wissenschaft und Technologie Die Teilnehmer vereinbaren, die wissenschaftliche und tech- nologische Zusammenarbeit mit und innerhalb der SADC-RE- gion zu intensivieren. Mögliche Bereiche einer solchen Zu- sammenarbeit können sein: - Förderung der Verwendung regionaler umweltverträglicher Ressourcen, - industrielle Forschung und Entwicklung, - ökologische Forschung, - landwirtschaftliche Forschung, - Energietechnologie, besonders die Verwendung neuer und emeuerbarer Ressourcen, - Wasseraufbereitungstechnologie, - Tropenmedizin. 10. Fremdenverkehr Die Teilnehmer unterstreichen den wichtigen Beitrag, den der Fremdenverkehr zur Entwicklung leisten kann. Sie weisen in diesem Zusammenhang auf die bemerkenswerten Möglichkei- ten hin, die in der Region Südliches Afrika in diesem Bereich bestehen. Dabei sind sie sich darin einig, daß stabile politische Verhältnisse, die Beseitigung bürokratischer Hindernisse und eine gut funktionierende Infrastruktur für die Entwicklung des Fremdenverkehrs wichtig sind. 11. Kulturelle Zusammenarbeit Die Teilnehmer vereinbaren, Kontakte in den Bereichen Kul- tur, Erziehung und Wissenschaft, und hier besonders die Zusammenarbeit zwischen Hochschuleinrichtungen, Sportver- bänden und soziokulturellen Vereinigungen zu fördern. 12. Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des internationalen Verbrechens Die Teilnehmer verpflichten sich, bei der Bekämpfung des internationalen Verbrechens, insbesondere des Waffen- schmuggels, des illegalen Drogenanbaus, -handels und -kon- sums, der Geldwäsche sowie der illegalen Ablagerung giftiger Abfälle eng zusammenzuarbeiten. 13. Andere Bereiche Andere Bereiche der Zusammenarbeit können im gegenseiti- gen Einvernehmen einbezogen werden. 14. Maßnahmen im Anschluß an die Konferenz Die Teilnehmer vereinbaren, ihren umfassenden Dialog fort- zusetzen und fordern ihre jeweils zuständigen Institutionen auf, im Anschluß an die Konferenz geeignete Vorschläge vorzulegen. Der Austausch von Personal zwischen beiden Seiten könnte eine erste Nachfolgemaßnahme zur Intensivierung des Dialogs und Vermittlung von Know-how zur institutionellen Entwick- lung der Region Südliches Afrika sein.
Meine Damen und Herren, wir haben eine erfolgreiche Konferenz hinter uns. Der Grund- stein für eine umfassende Zusammenarbeit zwischen der Euro- päischen Union und dem Südlichen Afrika ist gelegt worden. Daß der Name Berlin damit verknüpft ist, freut mich be- sonders. Hervorheben möchte ich ausdrücklich die Teilnahme Süd- afrikas an dieser Konferenz. Seit dem 29. August diesen Jahres ist Südafrika Mitglied von SADC. Nichts symbolisiert den Wandel im Südlichen Afrika mehr. Neben den zwölf EU-Mitgliedstaaten haben auf europäischer Seite auch die vier Beitrittsländer Österreich, Schweden, Norwegen und Finnland teilgenommen. Ich freue mich dar- über und hoffe, daß die noch anstehenden Referenden die Mitgliedschaft dieser Staaten ab dem 1. Januar 1995 bestätigen werden. Das Südliche Afrika ist für die Europäische Union kein Neu- land. Folgende Zahlen verdeutlichen das: Diese Region - rund viermal größer als das Territorium der Europäischen Union, mit einer Bevölkerung von rund 130 Millionen Menschen - ist für die Europäische Union bedeutender Rohstofflieferant (zum Beispiel Gold, Diamanten, Platin, Kupfer) und entwicklungs- fähiger Exportmarkt. Das Handelsvolumen der Europäischen Union mit den früheren SADC-Staaten ohne Südafrika belief sich 1992 auf rund 5 Milliarden ECU. Zählt man Südafrika jetzt dazu, beläuft sich das Volumen auf 15 Milliarden ECU. Die SADC-Staaten ohne Südafrika sind der Europäischen Union traditionell durch eine enge entwicklungspolitische Zusammenarbeit im Rahmen der Lom6-Abkommen verbun- den. Die gesamten finanziellen Leistungen der Europäischen Union für den Zeitraum von 1975 bis 1995 an die einzelnen SADC-Staaten betragen rund 5 Milliarden ECU. Darin sind auch rund 360 Millionen ECU für die Förderung der regio- nalen Zusammenarbeit im Rahmen von SADC enthalten. Die bisherigen deutschen Gesamtzusagen für die einzelnen SADC-Staaten belaufen sich auf zirka 7 Milliarden DM. Die deutschen Leistungen für die SADC als Organisation betragen 131,85 Millionen DM. Diese Konferenz wurde bestimmt durch ein großes Thema: Frieden und Wohlstand durch Partnerschaft. Unser südafrika- nischer Kollege hat es mit seinem Wort von den drei "Ps" auf den Punkt gebracht: peace and prosperity through partnership! - darum geht es uns. Zum ersten Mal behandeln die Europäer diese Region, die geographisch, wirtschaftlich und soziokulturell zusammenge- hört, auch entsprechend als Ganzes. Wir sind uns dabei durchaus der Probleme bewußt, die sich aus unterschiedlichem Entwicklungsstand sowie unterschied- licher Größe und wirtschaftlicher Ausrichtung ergeben können. Aber ein Anfang muß gemacht werden, und unserer Erfahrungen in Europa zeigen, daß diese Probleme überwun- den werden können. Die Europäische Union hat 40 Jahre Integrationserfahrung zu bieten. Dies bedeutet allerdings nicht, daß wir unseren Partnern etwas aufdrängen wollen. Jede Region muß selbstverständlich ihr eigenes Integrationsmuster finden. Wir hatten einen freundschaftlichen und offenen politischen Dialog über schwierige Themen wie Demokratie, Menschen- rechte, Rechtsstaatlichkeit, Abrüstung und Fragen einer offe- nen und gerechten Wirtschaftsordnung. Dieser Dialog war von einem hohen Maß an Verständnis geprägt. Beide Seiten sind entschlossen, diesen Dialog fortzuführen. Die Ergebnisse der Konferenz sind in der "Berliner Erklärung" festgelegt. Die Zusammenarbeit soll in folgenden Bereichen breiter aus- gebaut und intensiviert werden: - Förderung aller Bemühungen um Frieden und langfristige Stabilität im Südlichen Afrika. Wir werden deshalb unseren politischen Dialog ausbauen und die Bestrebungen der SADC, einen Konfliktregelungsmechanismus zu entwickeln, tatkräftig unterstützen; - Erfahrungsaustausch auf dem Gebiet der regionalen Inte- gration; - Zusammenarbeit im Handel in und mit der Region des Südlichen Afrika; - bilaterale Investitionsschutzabkommen; - koordinierte Planung und Durchführung regionaler Ent- wicklungsprogramme und Infrastrukturprojekte; - Erhaltung der natürlichen Ressourcen und Umweltschutz; - Intensivierung der wissenschaftlichen und technologischen Zusammenarbeit. Zum Beispiel industrielle Forschung und Entwicklung, landwirtschaftliche Forschung, Energietech- nologie und Tropenmedizin; - kulturelle Kontakte, insbesondere zwischen Hochschulen, Sportverbänden und soziokulturellen Einrichtungen; und schließlich - Bekämpfung des internationalen Verbrechens. Unsere süd- afrikanischen Freunde haben hierzu den Vorschlag einer Drogenkonferenz gemacht. Um die außerordentlich substantiellen Ergebnisse dieser Konferenz konkret umzusetzen, haben wir beschlossen, eine gemeinsame hochrangige Arbeitsgruppe einzusetzen. Die Gruppe wird sich bereits Ende Januar nächsten Jahres in Malawi das erste Mal treffen. Ein nächstes Treffen auf Ministerebene wird Ende 1995 auf Einladung der SADC ebenfalls im Südlichen Afrika statt- finden. Ich habe angeregt, daß die Ausgestaltung einer vertraglichen Regelung der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und SADC in Angriff genommen wird. Zwei ganz konkrete Ereignisse werden gleich morgen statt- finden. Unsere SADC-Partner werden mit deutschen Wirt- schaftsvertretern zusammentreffen, um gemeinsame Projekte im Bereich Handel und Investitionen auszuloten. Ich werde noch heute nachmittag ein Vorgespräch mit den deutschen Wirtschaftsvertretern hier im Reichstag führen. Ebenfalls mor- gen wird der Exekutivsekretär der SADC in Bonn Gespräche führen, um eine verstärkte Hilfe für das SADC-Sekretariat zu vereinbaren. Wir haben hier in Berlin in einer freundschaftlichen Atmo- sphäre gemeinsam einen innovativen Schritt nach vorne getan. Das war auch - und das möchte ich abschließend unterstrei- chen - ein starkes Signal des Vertrauens in eine gute politische und wirtschaftliche Zukunft des Südlichen Afrikas. Quelle: Bulletin Nr. 82 vom 12.09.1994, S. 769-771 ################################################################ ## eingescannt von: ## GLASNOST-Systemverwaltung ###################################### EMail: info@glasnost.de ################################################################## GLASNOST * Info- und Dokumentationssystem * Berlin info@glasnost.de ################################################################## Inhalt: 1) Erklärung der Ministerkonferenz der Europäischen Union und der Staaten des Südlichen Afrikas (SADC) 2) Erklärung des Bundesaußenministers ------------------------------------------------------ Ministerkonferenz der Europäischen Union und der Staaten des Südlichen Afrika am 5. und 6. September 1994 in Berlin Auf Einladung des Präsidenten im Rat der Europäischen Union, Bundesaußenminister Dr. Klaus Kinkel, fand am 5. und 6. September 1994 die erste Konferenz der Außenminister der 12 Staaten der Europäischen Union mit den Außenministern der 1 1 Staaten des Südlichen Afrika (SADC) statt. Die vier EU-Beitrittsländer Finnland, Norwegen, Österreich und Schweden nahmen an der Ministerkonferenz als aktive Beobachter teil. Erklärung der Ministerkonferenz Die Außenminister der Staaten der Europäischen Union und der Staaten des Südlichen Afrika (SADC) haben zum Ab- schluß der Ministerkonferenz am 6. September 1994 in Berlin folgende Erklärung verabschiedet: PRÄAMBEL 1. Die Europäische Union und die Southern African Develop- ment Community (SADC): - unter Bekräftigung der universellen Werte und Ideale, de- nen sich ihre Völker und Regierungen gemeinsam ver- pflichtet fühlen und die in der Achtung der Menschenwürde zum Ausdruck kommen, - in der Überzeugung, daß der Schutz und die Förderung der Menschenrechte ein Grundpfeiler demokratischer Gesell- schaften sind und daß die tatsächliche Ausübung der Men- schenrechte und Grundfreiheiten ein legitimes Anliegen der intemationalen Gemeinschaft und von dem Streben nach Frieden und Sicherheit in der Welt nicht zu trennen ist, - unter Hinweis darauf, daß sie sich zum Aufbau bzw. zur Festigung und Stärkung demokratischer Institutionen auf der Grundlage der Verantwortlichkeit, der Transparenz, der guten Regierungsführung sowie der Rechtsstaatlichkeit ver- pflichtet haben, - in der Erkenntnis, daß Frieden und Sicherheit wesentliche Voraussetzungen für die nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung sind, - eingedenk der historischen, politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Bindungen zwischen Europa und der Re- gion Südliches Afrika, - unter Hinweis auf die seit langem bestehende Zusammenar- beit zwischen beiden Regionen, die in bilateralen und multi- lateralen Abkommen, insbesondere dem Abkommen von Lomé, zum Ausdruck kommt, - mit großer Genugtuung das Ende der Apartheid in Südafrika und den erfolgreichen Übergang zur Mehr-Parteien-Demo- kratie in der Region mit den sich daraus ergebenden neuen Perspektiven für das Südliche Afrika zur Kenntnis neh- mend, - eingedenk des fortschreitenden Friedensprozesses in Ango- la und Mozambik und in Bestätigung ihrer Zusage den Übergang zur Mehr-Parteien-Demokratie in diesen Staaten zu unterstützen, - von dem Wunsch geleitet, den nationalen Wiederaufbau, die regionale Zusammenarbeit und die Integration im Südlichen Afrika zu fördern, - in der Erkenntnis, daß in einer engeren Zusammenarbeit für die Region Südliches Afrika ein erhebliches Entwicklungs- potential liegt - haben beschlossen, in einen umfassenden Dialog einzutreten, um die Entwicklung der Beziehungen zwischen den beiden Regionen unter Berücksichtigung anderer bilateraler und mul- tilateraler Vereinbarungen und unbeschadet des Abkommens von Lomé zu fördern. ALLGEMEINE ZIELE 2. Die Europäische Union und die SADC erklären in aller Form, daß sie entschlossen sind, ihre Beziehung zu intensivie- ren und einen umfassenden Dialog einzurichten mit dem Ziel, - gemeinsam in den verschiedenen Foren die Ziele und Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen zu unter- stützen; - sich für Demokratie auf allen Ebenen, Rechtsstaatlichkeit, Achtung der Menschenrechte und Minderheitenschutz ein- zusetzen, soziale Gerechtigkeit und gute Regierungsführung zu fördern und gemeinsam darauf hinzuarbeiten, die Vor- aussetzungen zu schaffen für die Beseitigung der Armut und aller Formen von Diskriminierung auf Grund von Rasse, politischen Überzeugungen, Religion, Kultur, Sprache und Geschlecht; - die Abrüstung zu fördern und sich insbesondere den Be- mühungen um Beschränkung des Waffenexports nach Gebieten, in denen solche Exporte einen Konflikt verschär- fen könnten, anzuschließen; - sich für eine offene, zunehmend produktive, gerechte Welt- wirtschaft einzusetzen und in diesem Zusammenhang die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Handels mit und in der Region Südliches Afrika zu fördern, um deren wirtschaft- liche Entwicklung voranzutreiben; - die Inlands- und die Auslandsinvestitionen in den produkti- ven Wirtschaftszweigen insbesondere der Verarbeitung und Fertigung in der Region Südliches Afrika zu fördern und zu erleichtern, um die wirtschaftliche Entwicklung der Region voranzutreiben; - eine Politik des nachhaltigen wirtschaftlichen Wachstums zum gegenseitigen Nutzen der Bevölkerung in der Region Südliches Afrika zu fördern und die in dieser Region begon- nenen Wirtschaftsreformen zu unterstützen; - eine harmonische Wirtschaftsentwicklung durch umweltbe- wußtes und langfristig angelegtes Management des mensch- lichen Potentials und der natürlichen Ressourcen zu fördern; - die interregionale Zusammenarbeit durch die Pflege von Kontakten in den Bereichen Kultur, Erziehung und Wis- senschaft, Sport, soziale und kulturelle Aktivitäten zu för- dern sowie - die notwendige Förderung der SADC-Grundsätze der Ge- rechtigkeit, der Ausgewogenheit und des gegenseitigen Nut- zens in der Region Südliches Afrika im Auge zu behalten. BEREICHE DER ZUSAMMENARBEIT 3. Politischer Dialog Der politische Dialog zwischen der Europäischen Union und den Staaten der Region Südliches Afrika wird im Rahmen eines regelmäßigen Gedankenaustauschs über allgemeine außenpolitische Themen, insbesondere im Hinblick auf die Förderung von Frieden und langfristiger Stabilität in der Region Südliches Afrika erfolgen. 4. Regionale Integration Die Europäische Union bietet an, die Erfahrungen auf dem Gebiet der regionalen Integration auszutauschen und die SADC in dieser Hinsicht unter anderem durch Austausch von Personal, Schulung, Unterstützung und Beratung in Organisa- tionsfragen zu unterstützen. 5. Zusammenarbeit in Handel und Wirtschaft Die Teilnehmer verpflichten sich, die Zusammenarbeit im Handel mit und in der Region Südliches Afrika zu fördern, um deren wirtschaftliche Entwicklung unter voller Beachtung der Ergebnisse der Uruguay-Runde des GATT und unbeschadet des Abkommens von Lomé zu unterstützen. In diesem Zusammenhang fördern die Teilnehmer den Aufbau einer langfristigen engeren wirtschaftlichen Zusammenarbeit im Südlichen Afrika. Die Teilnehmer nehmen Kenntnis von den grenzüberschrei- tenden Initiativen zur Erleichterung des Zahlungsverkehrs und von Investitionen innerhalb der Region im Interesse eines stärkeren wirtschaftlichen Zusammenhalts in der Region Süd- liches Afrika und begrüßen diese Initiativen. 6. Private Investitionen, kleine und mittlere Unternehmen und Förderung der Privatwirtschaft Die Teilnehmer erkennen an, daß private Investitionen aus dem In- und Ausland und die Privatwirtschaft bei der Förde- rung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der Region Südliches Afrika eine Schlüsselrolle spielen. Besonde- res Schwergewicht sollte dabei auf die Entwicklung der klei- nen und mittleren Unternehmen gelegt werden. Die Teilnehmer heben hervor, daß für Investitionen aus dem In- und Ausland neben politischer Stabilität ein günstiges Investitionsklima durch Entwicklung und Ausbau marktwirt- schaftlicher Strukturen, die Beseitigung bürokratischer Hin- dernisse und Rechtssicherheit Grundbedingungen sind. Des- halb verpflichten sich die Unterzeichner, sich dafür einzuset- zen, daß zwischen den Mitgliedstaaten der EU und den SADC-Mitgliedstaaten bilaterale Abkommen über Investi- tionsschutz geschlossen werden. 7. Entwicklungszusammenarbeit Die Teilnehmer erklären ihre Absicht, die Planung und Durch- führung regionaler Entwicklungsprogramme und -projekte auf Gebieten wie etwa Verkehr und Kommunikation, Energie, Handelsförderung, Schutz des Viehbestands, Linderung der Armut, Demographie und soziale Entwicklung, Ernährungs- sicherheit, Erziehung, Ausbildung und Gesundheit eng zu koordinieren. Sie weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, daß nach den Artikeln 157 und 164 des Vierten Abkommens von Lomé auch benachbarte Nicht-AKP-Länder in Projekte der regionalen Zusammenarbeit einbezogen werden können. Die Teilnehmer weisen nochmals auf die diesbezügliche Be- deutung der Koordinationsfunktion der Kommission der Euro- päischen Gemeinschaften und des SADC-Sekretariats hin. Was die obenerwähnten Bereiche der Zusammenarbeit anbe- langt, so haben die Teilnehmer insbesondere folgendes ver- einbart: - Verkehr und Kommunikation Die Teilnehmer verweisen nochmals auf die Bedeutung einer erweiterten Zusammenarbeit im Bereich Verkehr und Kommunikation in der Region Südliches Afrika als einem wichtigen Instrument zur Förderung von Investitionen und wirtschaftlichem Wachstum. - Energie Die Teilnehmer weisen erneut auf die Schlüsselrolle hin, die die Zusammenarbeit im Energiebereich mit und in der Region Südliches Afrika bei der Förderung der wirtschaft- lichen Entwicklung dieser Region spielen kann. - Erziehung und Ausbildung Die Teilnehmer weisen erneut auf die Bedeutung von Aus- bildung und Erziehung für die Gesamtentwicklung des Südlichen Afrika hin, Sie heben dabei ihre ständige Unter- stützung in diesem Bereich hervor. Sie betonen insbesonde- re die Bedeutung fortgesetzter und zunehmend intensiver Programme im Bereich der Berufsausbildung und der öffentlichen Verwaltung. - Gesundheit Die Teilnehmer vereinbaren, daß die medizinische Grund- versorgung und die Bekämpfung schwerer Krankheiten wie Aids und endemische Tropenkrankheiten wichtige Bereiche der Koordination sind. Sie erkennen deshalb an, daß die koordinierten Bemühungen zur Bekämpfung dieser Krank- heiten der vollen Unterstützung durch die Europäische Union und die Staaten des Südlichen Afrika bedürfen. - Nahrung und Landwirtschaft Die Teilnehmer erkennen an, daß die Landwirtschaft weiter- hin die wichtigste Grundlage der Volkswirtschaften der meisten Mitgliedstaaten der SADC bildet. Außerdem räumen sie ein, daß die Ernährungssicherheit von einer langfristig umweltverträglichen Landwirtschaft abhängig ist. Sie verpflichten sich deshalb, ihre Zusammenarbeit auf diesem Gebiet zu verstärken. - Bergbau Die Teilnehmer erkennen an, daß der Bergbau für die meisten SADC-Mitgliedstaaten ein Schlüsselsektor ist. Sie erkennen ferner an, daß bei der Exploration, der Aufberei- tung und der Fertigung von Grubenausrüstung umfangrei- che Möglichkeiten für eine enge regionale Zusammenarbeit bestehen. Sie kommen daher überein, die Zusammenarbeit auf diesem Gebiet zum gegenseitigen Nutzen zu fördern. 8. Natürliche Ressourcen und Umwelt Die Teilnehmer erkennen die Bedeutung der globalen Umwelt und der Erhaltung der natürlichen Ressourcen an. Die Europäische Union sagt zu, die Bemühungen des Süd- lichen Afrika etwa in folgenden Bereichen zu unterstützen: - Bekämpfung der Wüstenbildung und der Bodenerosion, - wirtschaftliche Nutzung der Wasserressourcen, - langfristig umweltverträgliche Landwirtschaft, - Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen. 9. Wissenschaft und Technologie Die Teilnehmer vereinbaren, die wissenschaftliche und tech- nologische Zusammenarbeit mit und innerhalb der SADC-RE- gion zu intensivieren. Mögliche Bereiche einer solchen Zu- sammenarbeit können sein: - Förderung der Verwendung regionaler umweltverträglicher Ressourcen, - industrielle Forschung und Entwicklung, - ökologische Forschung, - landwirtschaftliche Forschung, - Energietechnologie, besonders die Verwendung neuer und emeuerbarer Ressourcen, - Wasseraufbereitungstechnologie, - Tropenmedizin. 10. Fremdenverkehr Die Teilnehmer unterstreichen den wichtigen Beitrag, den der Fremdenverkehr zur Entwicklung leisten kann. Sie weisen in diesem Zusammenhang auf die bemerkenswerten Möglichkei- ten hin, die in der Region Südliches Afrika in diesem Bereich bestehen. Dabei sind sie sich darin einig, daß stabile politische Verhältnisse, die Beseitigung bürokratischer Hindernisse und eine gut funktionierende Infrastruktur für die Entwicklung des Fremdenverkehrs wichtig sind. 11. Kulturelle Zusammenarbeit Die Teilnehmer vereinbaren, Kontakte in den Bereichen Kul- tur, Erziehung und Wissenschaft, und hier besonders die Zusammenarbeit zwischen Hochschuleinrichtungen, Sportver- bänden und soziokulturellen Vereinigungen zu fördern. 12. Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des internationalen Verbrechens Die Teilnehmer verpflichten sich, bei der Bekämpfung des internationalen Verbrechens, insbesondere des Waffen- schmuggels, des illegalen Drogenanbaus, -handels und -kon- sums, der Geldwäsche sowie der illegalen Ablagerung giftiger Abfälle eng zusammenzuarbeiten. 13. Andere Bereiche Andere Bereiche der Zusammenarbeit können im gegenseiti- gen Einvernehmen einbezogen werden. 14. Maßnahmen im Anschluß an die Konferenz Die Teilnehmer vereinbaren, ihren umfassenden Dialog fort- zusetzen und fordern ihre jeweils zuständigen Institutionen auf, im Anschluß an die Konferenz geeignete Vorschläge vorzulegen. Der Austausch von Personal zwischen beiden Seiten könnte eine erste Nachfolgemaßnahme zur Intensivierung des Dialogs und Vermittlung von Know-how zur institutionellen Entwick- lung der Region Südliches Afrika sein. -------------------------------------------------------------- Erklärung des Bundesaußenministers Der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Maus K i n k e 1, gab zum Abschluß der SADC-Konferenz am 6. September 1994 in Berlin folgende Erklärung ab: Meine Damen und Herren, wir haben eine erfolgreiche Konferenz hinter uns. Der Grund- stein für eine umfassende Zusammenarbeit zwischen der Euro- päischen Union und dem Südlichen Afrika ist gelegt worden. Daß der Name Berlin damit verknüpft ist, freut mich be- sonders. Hervorheben möchte ich ausdrücklich die Teilnahme Süd- afrikas an dieser Konferenz. Seit dem 29. August diesen Jahres ist Südafrika Mitglied von SADC. Nichts symbolisiert den Wandel im Südlichen Afrika mehr. Neben den zwölf EU-Mitgliedstaaten haben auf europäischer Seite auch die vier Beitrittsländer Österreich, Schweden, Norwegen und Finnland teilgenommen. Ich freue mich dar- über und hoffe, daß die noch anstehenden Referenden die Mitgliedschaft dieser Staaten ab dem 1. Januar 1995 bestätigen werden. Das Südliche Afrika ist für die Europäische Union kein Neu- land. Folgende Zahlen verdeutlichen das: Diese Region - rund viermal größer als das Territorium der Europäischen Union, mit einer Bevölkerung von rund 130 Millionen Menschen - ist für die Europäische Union bedeutender Rohstofflieferant (zum Beispiel Gold, Diamanten, Platin, Kupfer) und entwicklungs- fähiger Exportmarkt. Das Handelsvolumen der Europäischen Union mit den früheren SADC-Staaten ohne Südafrika belief sich 1992 auf rund 5 Milliarden ECU. Zählt man Südafrika jetzt dazu, beläuft sich das Volumen auf 15 Milliarden ECU. Die SADC-Staaten ohne Südafrika sind der Europäischen Union traditionell durch eine enge entwicklungspolitische Zusammenarbeit im Rahmen der Lom6-Abkommen verbun- den. Die gesamten finanziellen Leistungen der Europäischen Union für den Zeitraum von 1975 bis 1995 an die einzelnen SADC-Staaten betragen rund 5 Milliarden ECU. Darin sind auch rund 360 Millionen ECU für die Förderung der regio- nalen Zusammenarbeit im Rahmen von SADC enthalten. Die bisherigen deutschen Gesamtzusagen für die einzelnen SADC-Staaten belaufen sich auf zirka 7 Milliarden DM. Die deutschen Leistungen für die SADC als Organisation betragen 131,85 Millionen DM. Diese Konferenz wurde bestimmt durch ein großes Thema: Frieden und Wohlstand durch Partnerschaft. Unser südafrika- nischer Kollege hat es mit seinem Wort von den drei "Ps" auf den Punkt gebracht: peace and prosperity through partnership! - darum geht es uns. Zum ersten Mal behandeln die Europäer diese Region, die geographisch, wirtschaftlich und soziokulturell zusammenge- hört, auch entsprechend als Ganzes. Wir sind uns dabei durchaus der Probleme bewußt, die sich aus unterschiedlichem Entwicklungsstand sowie unterschied- licher Größe und wirtschaftlicher Ausrichtung ergeben können. Aber ein Anfang muß gemacht werden, und unserer Erfahrungen in Europa zeigen, daß diese Probleme überwun- den werden können. Die Europäische Union hat 40 Jahre Integrationserfahrung zu bieten. Dies bedeutet allerdings nicht, daß wir unseren Partnern etwas aufdrängen wollen. Jede Region muß selbstverständlich ihr eigenes Integrationsmuster finden. Wir hatten einen freundschaftlichen und offenen politischen Dialog über schwierige Themen wie Demokratie, Menschen- rechte, Rechtsstaatlichkeit, Abrüstung und Fragen einer offe- nen und gerechten Wirtschaftsordnung. Dieser Dialog war von einem hohen Maß an Verständnis geprägt. Beide Seiten sind entschlossen, diesen Dialog fortzuführen. Die Ergebnisse der Konferenz sind in der "Berliner Erklärung" festgelegt. Die Zusammenarbeit soll in folgenden Bereichen breiter aus- gebaut und intensiviert werden: - Förderung aller Bemühungen um Frieden und langfristige Stabilität im Südlichen Afrika. Wir werden deshalb unseren politischen Dialog ausbauen und die Bestrebungen der SADC, einen Konfliktregelungsmechanismus zu entwickeln, tatkräftig unterstützen; - Erfahrungsaustausch auf dem Gebiet der regionalen Inte- gration; - Zusammenarbeit im Handel in und mit der Region des Südlichen Afrika; - bilaterale Investitionsschutzabkommen; - koordinierte Planung und Durchführung regionaler Ent- wicklungsprogramme und Infrastrukturprojekte; - Erhaltung der natürlichen Ressourcen und Umweltschutz; - Intensivierung der wissenschaftlichen und technologischen Zusammenarbeit. Zum Beispiel industrielle Forschung und Entwicklung, landwirtschaftliche Forschung, Energietech- nologie und Tropenmedizin; - kulturelle Kontakte, insbesondere zwischen Hochschulen, Sportverbänden und soziokulturellen Einrichtungen; und schließlich - Bekämpfung des internationalen Verbrechens. Unsere süd- afrikanischen Freunde haben hierzu den Vorschlag einer Drogenkonferenz gemacht. Um die außerordentlich substantiellen Ergebnisse dieser Konferenz konkret umzusetzen, haben wir beschlossen, eine gemeinsame hochrangige Arbeitsgruppe einzusetzen. Die Gruppe wird sich bereits Ende Januar nächsten Jahres in Malawi das erste Mal treffen. Ein nächstes Treffen auf Ministerebene wird Ende 1995 auf Einladung der SADC ebenfalls im Südlichen Afrika statt- finden. Ich habe angeregt, daß die Ausgestaltung einer vertraglichen Regelung der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und SADC in Angriff genommen wird. Zwei ganz konkrete Ereignisse werden gleich morgen statt- finden. Unsere SADC-Partner werden mit deutschen Wirt- schaftsvertretern zusammentreffen, um gemeinsame Projekte im Bereich Handel und Investitionen auszuloten. Ich werde noch heute nachmittag ein Vorgespräch mit den deutschen Wirtschaftsvertretern hier im Reichstag führen. Ebenfalls mor- gen wird der Exekutivsekretär der SADC in Bonn Gespräche führen, um eine verstärkte Hilfe für das SADC-Sekretariat zu vereinbaren. Wir haben hier in Berlin in einer freundschaftlichen Atmo- sphäre gemeinsam einen innovativen Schritt nach vorne getan. Das war auch - und das möchte ich abschließend unterstrei- chen - ein starkes Signal des Vertrauens in eine gute politische und wirtschaftliche Zukunft des Südlichen Afrikas.Quelle: Bulletin Nr. 82 vom 12.09.1994, S. 769-771
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